Stottern, zittern - so what?

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Rezo stottert. Der YouTuber mit den blauen Haaren, der mit seinem Video "Die Zerstörung der CDU" die deutschen Christdemokraten auf sehr souveräne Art als extrem unsouverän im Umgang mit den neuen Medien entlarvt hat, fürchtet sich laut eigenen Aussagen wegen seines Problems mit dem Stottern vor der Teilnahme an Talkshows. Er vermeidet diese (bis auf eine) deshalb bisher konsequent. Dabei hat Rezo jede Menge Einladungen und wohl auch viel zu sagen.

In seinem mehr als einstündigen flammenden Video-Appell ist vom Stottern dank der elektronischen Schnittmöglichkeiten freilich nichts zu spüren. Was vollkommen legitim und nachvollziehbar ist. Die Botschaft stand im Mittelpunkt. Ein Stottern hätte davon abgelenkt. Möglich, dass Rezo Häme entgegengeschlagen wäre, statt der weitverbreiteten Begeisterung. Und warum sollte sich jemand freiwillig mit seinen tiefen Ängsten und Schamgefühlen der Öffentlichkeit ausliefern?

Trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack. Schade, dass der YouTube-Star seine neu gewonnene immense Popularität nicht wenigstens jetzt dazu nutzt, auch offen mit eigenen Schwächen umzugehen.

Er könnte damit den Weg ebnen für andere Menschen, die ebenfalls Probleme mit flüssigem Reden haben. Ein junger, intelligenter Mann, der bei manchen Wörtern eben mehrmals ansetzen muss und eine Bundeskanzlerin, deren Körper den Stress der vergangenen 14 Jahre nun manches Mal durch Zitteranfälle durchblicken lässt - so what?

Ein souveräner, selbstverständlicher Umgang mit vermeintlichen menschlichen Schwächen von Seiten der Beteiligten und vor allem einer anteilnehmenden Gesellschaft -wie stark wäre das denn!

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten

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