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Kolatsdien in böhmischen Dörfern

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Man hat schon interessante Studien über den Wandel der Vorstellung vom Deutschen ,in der tschechischen Literatur verfaßt, und ebenso interessant ist die Entwicklung der Vorstellung vom Tschechen in der deutschen Literatur. Auf die unwiderstehlichen, unheimlichen, dämonischen tschechischen Weiber der Prager jüdischen Autoren und die tückischen, mongoloiden Untermenschen, an denen im Nazi-Film vom Goldenen Prag Kristina Söderbaum zur Wasserleiche wurde, sind in der Erinnerung wohlgesinnter Heimatvertriebener nette, malerische, amüsante böhmische Typen aus dem veruntreuten Himmel des verlorenen Landes glücklicher Jugendtage gefolgt. An sich ist diese Entwicklung durchaus erfreulich. Er wäre wohl eine erwünschte Vollendung, wenn die Nationalitäten einander mit wohlwollendem Lächeln zu betrachten gewohnt wären. Diesem erstrebenswerten Zweck will Hellmut Walters dienen, und das wäre ja schön und gut. Es ist freilich kein aufwendiger und exquisiter, sondern manchmal ein ziemlich billiger Humor, den er uns da bietet. Gewiß, es ist zum Lachen, wenn dasselbe Ding je nachdem Schmetten und Rahm und Sahne heißt, oder Vesperbrot, Jause und Swatsche... aber solch ein Humor hat seine Grenzen und ist nur mit großer Sachkenntnis anzuwenden. Und da möchten wir denn ergebenst bemerken, daß die Beispiele unaussprechlicher böhmischer Ortsnamen (S. 211) zum Teil willkürlich gebildet sind, wo es doch an komischen echten nicht mangelt, wie Pfestawlk, Wrtzau und Schissglock — welches nämlich deutschen Zungen aussprechlicher schien als das slawische Tf ikolup ... Doch einem Buch dieser Art gebührt wohl keine stirnrunzelnde Kritik, und so mag man dem Leser einfach viel Vergnügen wünschen.

MEHR RESPEKT VOR RADOB-SCHAN. Böhmische Geschichten. Von Hellmut Walters. Josef Knecht, Frankfurt. 221 Seiten.

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