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Konzentration auf Charaktere

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Hans Hollmanns „Fidelio"-Inszenie-rung in der Grazer Oper ist eine kühne Vision des Werkes in der Reduzierung des Szenischen auf die Grundgestalt des Themas und in der Ent-Indi-vidualisierung des Problems durch Schaffung von Typen statt Charakteren. Das ist kein billiger Modernismus, sondern die äußerste Konzentration auf das Wesen von Figur und Vorgang.

Dem Handicap des unsäglichen Textes begegnet Hollmann dadurch, daß er eine Tonbandstimme mit stichwortartigen Bruchstücken der Rezi-tative einblendet. Hans Hoffers Bühne füllt ein riesiger Käfig, ein gewaltiges Zellensystem, das in der Mitte durch einen Wendeltreppenturm -Symbol der Hierarchie - durchbrochen ist.

Hinter diesem Raster aus Maschendraht, der sich über mehrere Etagen erstreckt, bewegen sich in Kostümen der Klassik die Personen in der strengen Stilisierung großer Operngestik. Ein Höhepunkt ist der Gefangenenchor: in großzügiger Vereinfachung formieren sich Prototypen aller Stände - König, Bürger, Bauer, Bettelmann - zu einem bunten theatrum mundi der Unfreiheit.

Sosehr Hollmanns Interpretationssystem fasziniert, so wenig funktioniert es in der Kerkerszene, in der reale Tätigkeit und marionettenhafte Pantomimik auseinanderklaffen. .Die Qualität des musikalischen Anteils (Dirigent Peter Gülke) litt am Mangel an Präzision und am Fehlen erstklassiger Stimmen.

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