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KZ-Assoziationen

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Jene Länder, in denen Amnesty International gegen Folter und ungerechte Haft kämpft, nehmen den weitaus größeren Teil der Erde ein. Eine Argentinierin, die 49jährige Griselda Gambaro, schrieb das Stück „Das Lager“, das in der deutschen Fassung von Adolf Opel und Marino Valdez zur deutschsprachigen Erstaufführung im „Theater der Courage“ gelangte.

Emilio, ein Kerl in rmlitärischer Uniform mit eiskalt befehlendem Blick, hat den jungen Buchhalter Martin angestellt. Wozu? Die Buchhaltung ist nicht nur in völliger Unordnung, es sind Kinderzeichnungen darin. Emilio legt aber keinen besonderen Wert auf die Arbeit. Weshalb? Man hört Schreie, Kindergesang, Hundegebell, Maschinengewehrsalven, es riecht nach verbranntem Fleisch. Wo befindet sich Martin? Er erhält keine Antwort.

Und da gibt es Emma, eine Frauensperson in Fetzen, mit kahlgeschorenem Kopf, „Contessa“ betitelt, die erklärt, von einem Ball zu kommen, sich als große Pianistin bezeichnet und nachdrücklich aufgefordert wird, auf einem völlig kaputten Pianino zu spielen, woran vier zuhörende uniformierte Mannskerle ihren tobenden Spaß haben. Abermals: Was solls? Von nur gelegentlichem andeutend grobem Verhalten und dem gewaltsamen Rückholen Martins und Emmas am Schluß, obwohl Emilio nichts gegen ihren Weggang hatte, davon abgesehen gibt es keine Brutalitäten vor uns. Es gibt nur die Eiseskälte, das Gebieterische, das Akustische von außerhalb, die in uns Assoziationen des Unmenschlichen auslösen. Nichts Unmittelbares, nur das unbestimmt Bedrohliche. Und die „Contessa“, die sich ständig kratzt? Sie ist ein Sinnbild der geschundenen Kreatur.

Das Stück stimmt in sich, nur erreicht es wohl die nicht, die es erreichen sollte. Überaus dichte Darstellung unter der Regie von Michael Gampe mit Reinhard Reiner als gefährlich überlegenem Emilio, Zoltän Paul als ratlosem Martin und der beklemmend wirkenden Mimi Kilinger als „Contessa“. Raumgestaltung durch Karl Welunschek: Engmaschige

Drahtnetze bedecken die Bühnenwände.

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