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Lebenslüge

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Moravias hervorragende

schriftstellerische Begabung steht außer Frage. Wenn er trotzdem vielfach angegriffen wird, liegt das an seiner unerbittlichen Gesellschaftskritik, der Demas-kierung von Sein und Schein, seinem Hang, die dunklen Seiten des Lebens zu analysieren.

In diesem erstmals in deutscher Ubersetzung erschienenen Buch — Tagebuchaufzeichnungen eines Auslandjournalisten, der mit seinen Reisen vor sich selbst und der Verlogenheit seines Lebens zu fliehen versucht — geht es vordergründig um eine Dreierbeziehung zwischen dem Schreiber, seiner Frau Cora und deren Stieftochter Baba.

Cora, die Francesco aus einem Arbeiterviertel herausgeholt hat, entwickelt sich in ihrer Ehe völlig anders als erwartet. Sie betreibt neben ihrem Schneideratelier Kuppelei schlimmster Art, versucht z.B. ihre vierzehnjährige Tochter an ihren Mann zu verkaufen, der Reißaus nimmt ob dieses Ansinnens.

Später verliebt sich Francesco in Baba, vom Gedanken des In-zests gleichzeitig verlockt und abgestoßen. Es kommt zu keiner Verwirklichung dieses „Sprungs ins Nichts", da Baba nicht mitspielt.

Auch dieses Buch Moravias erweist, daß er im Grunde ein Moralist ist, der den Verfall und die Verderbnis unserer Welt bloßlegt. Um sie zu verändern? Soweit scheinen seine Hoffnungen nicht zu gehen.

INZEST. Von Alberto Moravia. List-Verlag, München 1982.317 Seiten, geb., öS 279,70.

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