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Lebensmonolog & Zeitdokument

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Hermann Brochs „Magd Zerline" kommt einem in den Sinn, und unweigerlich stellt sich die Assoziation zu Joseph Vilsmayers Filmen „Herbstmilch" oder „Ramadama" ein bei der Uraufführung von Franz Innerhofers szenischem Monolog „Scheibtruhe" auf der Grazer Studiobühne.

Auf einem Ackerboden, mit Ansichtskartenhimmel dahinter, sitzt eine ältere Frau, vollführt ein paar Hantierungen, lächelt vor sich hin und erzählt dabei die Geschichte ihres Lebens. Eine sehr einfache Geschichte, „oral history" einer Bauernmagd, Zeitgeschichte aus der Perspektive der ganz kleinen Leute in strengen Zeiten: vom Vater, der im Sautrög hat schlafen müssen, aber mit neunzig noch alle beherrscht hat, vom Krieg, von den KZlern im Lager Gusen, deren Schicksal ein jeder kannte, über die aber niemand geredet hat...

Franz Innerhofer hat nach Tonbandprotokollen die alltägliche Geschichte der Hanni R. zu einem ergreifenden Lebensmonolog gefügt. Brigitte Antonius spricht ihn in herber Realistik, ohne Weinerlichkeit und ohne Groll, mit jener Größe, die aus der Akzeptanz des Schicksals kommt. Kein großes Kunstwerk, gewiß, doch ein berührendes Zeit- und Menschendokument.

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