6871677-1978_26_13.jpg
Digital In Arbeit

Mährisches Schicksalsdrama

Werbung
Werbung
Werbung

Sie zählte fast vier Jahre zum festen Repertoirebestand der Wiener Staatsoper und ist genau das, was man im Theaterbetrieb ein „dankbares Werk“ nennt, denn Leos Janäceks „Jenufa“ hat nur zwei Bühnenbilder, und sie sind nicht aufwendig; ein Werk also, das auch kurzfristig zu disponieren ist. Um so wichtiger daher, daß man diese Produktion Otto Schenks in der Ausstattung Günther Schneider-Siemssens wieder in den Spielplan eingebaut hat; umso mehr, als auch der Anlaß dazu gegeben ist: die 50. Wiederkehr des Todestages des großen tschechischen Komponisten JanäSek am 12. August

Otto Schenk macht wohl aus Prinzip kaum jemals eine Wiederaufnahme. Also wurde Richard Bietschacher, Abendregisseur der Staatsoper, zur Neueinstudierung verpflichtet. Was er beitrug, ist unauffällig, diskret, trägt keine neuen Farben und Akzente in die Aufführung. Wieder gehen alle Ausstrahlung, alle Spannung und szenische Dynamik von den beiden Frauen aus, die einander eine seelische Schlacht liefern, die Küsterin Buryja (hier Sena Jurinac) und ihre Ziehtochter Jenufa, nun mit Gabriela Benä&ko-vä-Cäp besetzt.

Sena Jurinac beschert, ein Ereignis: eine packende Psychostudie. Eine stolze Herrin, die in ihren Qualen, aus Eitelkeit, Egoismus, Ehrsucht zur Kindesmörderin geworden zu sein, zum kranken Tier im eigenen Käfig wird. Janäceks breit dahinfließende Deklamationslinien singt sie mit großer Präzision. Die starke Persönlichkeit prägt diese Partie. Gabriela Be-nä6kovä, lyrische Sopranistin aus Prag, ist neben ihr auch wirklich diese frische, reine Ziehtochter, die eigentlich zur Entscheidung nie fähig wird, die das Schicksal walten lassen muß. Geschmeidiges Material, eine warm leuchtende schöne Höhe (besonders imponierend im Gebet der Jenufa), präzise sitzender Ausdruck, das sind Vorzüge, die sie für diese Partie prädestiniert machen (und Wien sollte sich diese hervorragende junge Sängerin nicht entgehen lassen).

Die beiden stecken jedenfalls das Spannungsfeld ab, in dem sich alles dramatische Geschehen staut. Die Rivalität der beiden Stiefbrüder Stewa ii ITOiörnaY ancf ms ricu9 darf iioJn '.od und Laca um Jenufa,.die Geburt des Kindes, das von der Ziehmutter umgebracht wird, die Gewissenlosigkeit Stewas, der die junge Mutter im Stich läßt, der Eklat bei der Hochzeit Jenufas mit Leca, als das tote Kind gefunden wird ... Ein packendes Drama, bäuerlich-tiefverwurzelt, Schicksalstragödie auf mährisch (und man kann es nur bedauern, daß die Staatsoper statt der originalen tschechischen Fassung die deutsche spielt, in der der Reiz der Sprache für die Atmosphäre verlorengeht). ,

Neben Sena Jurinac und Gabriela Benäckovä besteht die übrige Besetzung mehr schlecht als recht. Eher überfordert die beiden Tenöre, der lyrische von Peter Lindroos als Laca, und der dramatische Peter Gougaloffs als rücksichtsloser Stewa, farblos die alte Ausgedingerin Buryja von Marga-rita Lilowa, farblos das übrige Ensembleble

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung