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Magische Weltvisionen

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Dane Zajc, der heute zu den bedeutendsten slowenischen Autoren zählt, war zuerst, beim Erscheinen seiner ersten Lyriksammlung „Verbrannte Erde” (pozgana trava, 1958), ein kulturpolitischer Skandal für die Apologeten der sozialrealistischen Kunst. Seine ersten lyrischen Werke, die in kleinen Auflagen erschienen, wurden von der „offiziellen” Seite abgelehnt oder kaum beachtet. Zajc war nämlich ein Autor der neuen kritischen Generation, die sich aus den Scheinheiligkeiten der politischen

Dekoration zu befreien versuchte.

Die im deutschsprachigen Band „Erdsprache” gesammelten Gedichte sind das charakteristische Resümee einer langjährigen geistigen Anstrengung, das persönlich Erfahrene in den bleibenden Dialog des leidenden Menschen mit der Macht und dem Schicksal zu verwandeln. Die hier gesammelten und von Fabjan Hafner sehr gekonnt übersetzten Gedichte offenbaren etwas Orphisches, sie sind ein dunkler, ekstatischer Abschluß eines musikalisch-poetischen Sprachwerkes, das durch bittere Realitäten der Bedrohung, des Leidens und Mitleidens zu einer schwermütigen Versöhnung und gleichzeitiger Verklärung mit den Gegebenheiten fand. Die Gedichte, die mit ihrer dramatisch durchdringenden Me-taphorik und Phantasie verblüffen, kreisen oft um die persönliche Existenz des Dichters in der totalitären Gesellschaft, sie sind aber zugleich auch der Ausdruck der armen und erinnernden Einsamkeiten unserer Zeit. Die alten Themen der Dichtkunst, die Liebe, der Tod, die Gewalt der Mächtigen und die Ohnmacht der Opfer, sind bei Zajc verquickt mit der Aktualität eines Jahrhunderts, dessen brutale Anmaßung gestern und heute solche Begriffe nivellieren will: Die dichterische Sprache von Zajc besitzt den sur-realen Mut, die pompöse Breite des slowenischen Wörtschatzes in die klärende Einfachheit des Gesanges über ein lebendiges Geheimnis der Welt münden zu lassen. Die verhaltene Tongebung der Worte, die sich oft in großen zyklischen Parallelismen und Wiederholungen bewegen, verleiht den Versen von Dane Zajc, der auch der neue Präsident des slowenischen Schriftstellerverbandes geworden ist, magische Eindringlichkeit.

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