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Massenhysterie

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„De mortuis nihil nisi bene“. Elvis Presley war in seinem, Fach sicherlich ein Spitzenmann und ein guter Sänger. Fest steht, daß seine Ausstrahlung ihn nicht nur in den USA - Präsident Carter: ,J5ymbolfür Vitalität, Rebellentum und Humor“-, sondern weltweit zum Idol werden ließ.

Was aber nun nach seinem Tod passiert, ist nur noch Massenhysterie. Da begann eine Selbstmordwelle, da reisten zigtausend fanatische Anhänger - oft aus riesiger Entfernung (um den eigenen Nachbarn schert man sich ja heutzutage kaum noch) - zum Begräbnis, da kamen Waggonladungen mit Blumen und Kränzen, und schließlich gab es noch einen Autounfall mit Toten und Schwerverletzten - ein Fressen für die Boulevardpresse der ganzen Welt, die nicht nur kommentiert, sondern die Stimmung noch anheizt.

Hier wird deutlich, wie leicht das latente Bedürfnis junger Menschen nach Idolen in krankhafte Bahnen gelenkt werden kann. Wen wundert es, daß clevere Manager schleunigst alle verfügbaren Presley-Platten und -Filme auf den Markt warfen? Tod eines Sängers - nicht von Hoch- huth, aber trotzdem ein Schauspiel! There’s no business like showbusi- ness!

Massenhysterie und Kommerz blühen auch in Mitteleuropa, wo die Medien den Fall Kappler gierig aufgreifen. In Italien und Deutschland schüren Hetzer den Chauvinismus, in Österreich haben einige Außenseiter antisemitische Schmieraktionen gesetzt. Und in Kinos und Buchhandlungen erhält die ohnehin anlaufende NS-Welle unverhoffte Nahrung.

Die Entführung aus dem Spital - nicht von Mozart, aber mit ihren Begleiterscheinungen trotzdem Stoff für eine Oper. Leider keine Opera buffa. Denn komisch ist das alles leider wirklich nicht!

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