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Maulkorb-Redaktion als linker Tummelplatz

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Wenn jugendliche Programm-gestedterKdBEiCMlEvahne Maulkorb j die Interessen ihrer Altersgenossen auf-i -die-' Mattscheibe-bannen 1 wollen, so geht dies mitunter auch recht handfest zu: Waren sich m„Ohne-Maulkorb“-Chef

Andreas Friesz, 23, und einer seiner zahlreichen Kollegen über den Gang der Weltgeschichte nicht ganz einig, so griff ersterer zum Sessel als schlagkräftigem Argument.

So traurig es nun klingen mag, erst durch diesen, nun von der Disziplinarkommission des ORF verhandelten Vorfall, rückte der „Maulkorb“, Hauptbestandteil des flimmernden Jugendprogramms, weiter in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Als Nachmittagsfüller jedes Samstags auf FS 2 galt der „Maulkorb“ bislang als Tummelplatz ultralinker Berufsrevoluzzer, als Mißgeburt der ORF-Ambitionen, neben den Vorschulsendungen und der Kinderbetreuung auch den 15- bis 20jäh-rigen schichtenspezifische, von Informationen durchsetzte Unterhaltung zu bieten.

Die Praxis lief der Theorie aber davon. Qualifizierten sich die Amateurfilmer mit Spitzenhonoraren bis über 40.000 Schilling im Monat zur Zeit der Arena-Festivals noch als Hofberichterstatter des Schlachthof-Erobererkomitees, so erregte unlängst ein Streifen über „Leistungssport“ ORF-intern und unter den Zuse-hern nicht nur hitzige Gemüter.

Beikommen wollte das Team wahrscheinlich dem vielzitierten Geschäft mit dem Sport, den Sportlern und dem Publikum, das alljährlich bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und europäischen Bewerben ganze Tage vor dem kleinen Kasten verbringt; von den nachziehen- den Kaufbewegungen ganz zu aatBMStgen^isa rOngom ipub es euuu

Das Ansinnen klang vielver-spPtcUeöd, fl,gl*iefafcn v>dooh;io!diariA Helden der Nation den schon von Kaiser Claudius gepriesenen Gladiatoren, die zu sehen, die Römer in hellen Scharen in den Circus Maximus pilgerten. Das Erhoffte blieb in der „Maulkorb“-Sendung jedoch aus.

Geboten wurde dahinplät-schernde Kritik am profitgierigen Unternehmertum, repräsentiert durch einen Ski-Fabrikanten, dem — weil wehrlos — Sätze auseinandergeschnitten und in anderem Zusammenhang wieder in den Mund gestopft wurden. Ein Interview mit Unterrichtsminister Dr. Fred. Sinowatz wies zwar die Cutterin als mit der Aufgabe recht vertraut aus, gab von der Meinung des Ministers jedoch wenig wieder.

„Leistungssport“ war sicherlich kein Ausnahmefall. „Bababalu-ba“ über die Praktiken der Showbranche, sowie die konsequente Verunglimpfung bestehender gesellschaftlicher Einrichtungen anstelle von sachlichkonstruktiver Kritik vervollständigen aneinandergereiht das Bild der einzelnen Produktionen.

Während etwa im Bundesju-gendring eine Vielzahl von Jugendorganisationen, ob parteigebunden oder nicht, um jede politische Aussage erbittert kämpft, stehen anderen Gruppierungen die Medien zu äußerst publi-kumsträchtlgen Aktivitäten ohne Kontrolle seit Jahren offen. Von Ausgewogenheit kann keine Rede sein. Daß man freilich alles noch mit dem Geld jener finanziert, die sich beschimpfen lassen müssen, setzt der Angelegenheit dann noch die Krone — oder besser gesagt: den Maulkorb — auf.

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