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Meine freundlichen „Feindbilder”

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Stell' dir vor, es ist Krieg - und jeder geht hin! Die Dicken und die Dünnen, die Kahlen und die Behaarten, die Einlagen- und die Hosenträger - und auch die Ottakringer. Und da jeder freiwillig hingeht, kann sich niemand nachher auf bloße „Pflichterfüllung” oder „Befehlsnotstand” ausreden. Dieser Krieg ist nämlich, obwohl er keiner der Geschlechter oder der Rosen ist, lustig und - genau genommen - unblutig. Es ist nämlich der Krieg

□ am kalten Büffet

□ der Sterne im Kino

□ gegen unsere freundlich-feuchtfröhlichen „Feindbilder”. Und damit bin ich schon inmitten unseres heutigen Themas. Ich habe nämlich - ganz Feldherr, wenn auch ohne Hügel -den Krieg gegen Schokolade und Schweinefleisch, gegen Knödel und Krapfen, gegen zuviel Fernsehen und zuwenig Nachsicht erklärt.

Leicht gesagt.

Liebe FURCHE-Leserinnen und -Leser! Sie kennen doch den alten Witz: Ein Operettenstaat - ich glaube, es war meine alte Heimat, Ungarn - will den mächtigen USA den Krieg erklären, um - nachher, als Besiegte - in den vollen Genuß des amerikanischen (Care- und ERP-)Füllhorns zu gelangen. Plötzlich hört man den Einwand des Kriegsministers: „Und was machen wir, wenn wir siegen?”

Nun, was mache ich, wenn ich den Krieg gegen meine freundlichen „Feindbilder”, Gott-behüte, gewinne? Nicht auszudenken! Dann muß ich wohl über die Leichen(schmause) meiner aufgespießten und niedergeschmetterten, pardon: -geschnitzelten Laster hinwegmarschieren und mich nur mehr von Schwarzwurzeln, roten Rüben und gelbem Paprika, inmitten dieser „United Betropetzten Colours” ernähren.

Da ich als Nichtinder weder ein Ve-get-, noch ein sonstiger Arier bin, hoffte ich bis zur letzten Schlacht (platten)minute, den Krieg gegen meine freundlichen „Feindbilder” doch noch zu verlieren. Nach meiner erhofften Niederlage werde ich von meinen freundlichen Feinden, von Schokolade und Schweinefleisch, Knödel und Krapfen unbarmherzig beherrscht.

(Da fällt mir ein, daß ich als Begründer der Bio-Theologie, das hat allerdings mit St. Pölten nichts zu tun, die Kalorienfrage von Manna noch nicht klärte.)

Zurück noch zu meinen freundlichen „Feindbildern”: Diese kulinarischen Verführer sind eigentlich fröhliche Spieß-(mit mir manchmal auch routenlaufende)gesellen, die bösartig meinen (Parvenue, wie ich schon bin) venezianischen Cholesterinspiegel in die Höhe katapultieren und für mein unterdurchschnittliches Übergewicht („Die anderen sind noch dicker”, tröste ich mich) gnadenlos sorgen. Auch mit dem Emanzen-Spruch („Mein Bauch gehört mir!”) kann ich nicht viel anfangen; wer braucht schon meinen Wohlstandsbauch?!

So lebe ich, esse ich, kämpfe ich weiter im genüßlich drohenden Schatten meiner freundlichen „Feindbilder”.

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