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Meisternovelle

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Hartmut Lange ist dem Rezensenten erstmals durch seinen Novellenband „Die Waldsteinsonate" begegnet, und diese Begegnung war fast sofort eine überzeugende. Der Berliner Schriftsteller wird gerade auch mit dieser Veröffentlichung unter die erste Reihe deutschsprachiger Autoren einzuordnen sein.

Lange erzählt die Geschichte eines Abschieds vom Leben, die ein todkranker Philosophielehrer durchmacht oder besser durchsteht, inde*m er im letzten Moment eine radikale Umkehr zur bisherigen Existenz vornimmt, der er sich längst entfremdet hat. Kein Zufall ist es, daß in der brillanten Novelle immer wieder Martin Heidegger zitiert wird. Hartmut Langes Prosa ist von großer psychologischer Plastizität der Protagonisten getragen, sein Erzählstil jedoch weist geradezu kleistsche Prägnanz auf. Niemals wird er - und das Thema könnte dazu verführen - geschwätzig, sein gläserner, lakonischer Stil trifft das Wesen des Menschen vielmehr da, worauf er hinzielen muß: im Innersten.

So endet das gleichsam unbeteiligt geschriebene Reiseprotokoll auch nur vordergründig unversöhnlich, denn Heideggers Grundfrage steht sozusagen im Mittelpunkt des Textes: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?" Hartmut Lange ist zu einer der ganz großen Hoffnungen deutscher Gegenwartsliteratur geworden.

DIE REISE NACH TRIEST. Von Hartmut Lange. Diogenes Verlag, Zürich 1991. 110 Seiten, öS 193,40.

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