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Menschenfresser

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Ein Jahr nach ihrem Roman „Die gelbe Straße" hat Elias Canetti nun ein Drama von seiner verstorbenen Frau herausgegeben: „Der Oger" von Veza Canetti. Er lebte in der „Gelben Straße" (hat ein eigenes Kapitel im Roman).

Veza Canetti kannte ihn und sagte: „Er ist eine Gogol-Figur! Er ist schrecklich und komisch zugleich !" Eigentlich heißt er Iger, ist ein wohlhabender Kaufmann, geschäftstüchtig, gibt sich auf plumpe Weise menschenfreundlich und erweist sich als märchenhafter Haustyrann, eben als Oger: zumal den zwei Kindern und besonders seiner Frau gegenüber. Draga, die tragische Hauptgestalt, mußte ihn heiraten, weil der Vater es so wollte. „Meine Tochter heiratet sechs Häuser", sagte er.

Das fünfaktige Stück beginnt in Bosnien vor dem Ersten Weltkrieg und geht in Wien weiter, wo Veza das Vorbild vom Sehen her persönlich kannte und durchschaut hatte. Sie dachte an den damals berühmten Schauspieler Max Pallenberg als Darsteller der Titelfigur, und in der Tat hätte er aus dieser makabren Rolle alles herausgeholt, was die Autorin hineingelegt hat: Die fatale Verschlagenheit eines Charakters, mit dem die Umwelt geschlagen ist.

DER OGER. Von Veza Canetti. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1991.100Seiten, ÖS195,-

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