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Mischlinge

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„Dieses Buch war notwendig, es hat gefehlt", schrieb Heinrich Boll über Ralph Giordanos Roman „Die Bertinis". Die Geschichte einer „Mischehe" nach den Nürnberger Rassengesetzen, bestehend aus einem „arischen" Vater italienischer Herkunft, einer deutsch-jüdischen Mutter und deren drei Söhnen, die damals als „Mischlinge" eingestuft waren.

Nach einem kurzen Rückblick auf frühere Generationen der zuletzt in Hamburg lebenden Familie, berichtet Giordano detailliert über deren Erlebnisse während der dreißiger und vierziger Jahre.

Die beiden älteren Brüder werden gefoltert. Als der Deportationsbefehl der Mutter eintrifft, tauchen die Fünf mit Hilfe einer „arischen" Freundin unter und werden, buchstäblich im letzten Augenblick, durch den Einmarsch der Alliierten in Hamburg gerettet.

Es gelingt Giordano, die Tragik der sogenannten „Mischlinge" im Dritten Reich transparent zu machen: Eine Entwicklung unter unmenschlichen Bedingungen, die zwar das Zusammengehörigkeitsgefühl der Opfer stärken, sie aber auch selbst „infizieren". Der zweite Sohn, die Hauptgestalt des Buches, plant nach der Kapitulation persönliche Selbstjustiz an seinen Schindern, zu der er dann doch nicht fähig ist. Auch nicht zum Verlassen Deutschlands, nachdem er erkennt, daß er in der deutschen Sprache seine Heimat hat und nur in ihr seine autobiographischen Erinnerungen zu Papier bringen kann.

Ein aufwühlendes, makabres und doch wunderbar tröstliches Buch.

DIE BERTINIS. Von Ralph Giordano. S. Fischer-Verlag, Frankfurt/Main 1983. 713 Seiten, geb., öS 302.50.

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