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Mit neuer Methode

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Am Sonntag steht Univ.-Prof. Dr. Gerhart Bruckmann, Vorstand des Instituts für Statistik an der Universität Wien, vor einer seiner schwersten bisherigen Aufgaben als „Hochrechner der Nation“. Mit Bruckmann, der selbst ein engagierter Atomkraft-Gegner ist, führte Heiner Boberski ein Gespräch.

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Am Sonntag steht Univ.-Prof. Dr. Gerhart Bruckmann, Vorstand des Instituts für Statistik an der Universität Wien, vor einer seiner schwersten bisherigen Aufgaben als „Hochrechner der Nation“. Mit Bruckmann, der selbst ein engagierter Atomkraft-Gegner ist, führte Heiner Boberski ein Gespräch.

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FURCHE: Gibt es für den Statistiker gesicherte Anhaltspunkte für die Beteiligung an so einer Abstimmung in Österreich?

BRUCKMANN: Diese Frage müßten Sie eher einem Markt- und Meinungsforscher stellen, der Umfragen gemacht hat. Ich kann dazu nur das sagen, was man allgemein hört, das heißt, daß, wenn man so herumhört, ein Drittel nicht zur Abstimmung gehen wird. Das sage ich aber nicht als Statistiker, sondern als österreichischer Staatsbürger.

; FURCHE: Sehen Sie bei einer Volksabstimmung wie der vom 5. Novemberfür eine Hochrechnung überhaupt eine Möglichkeit?

BRUCKMANN: Ja. Der ORF hat mich dazu beauftragt, und ich habe entsprechende Programme vorgesehen, die auf einer anderen Methode als der bisher angewendeten beruhen.

FURCHE: Könnten Sie diese Methode ganz kurz für den Laien erklä-

ren? .. .. . V“ W,'M7'“'-''“'''

BRUCKMANN: Das ist schwierig. Der Gedanke der Hochrechnung bei Nationalrats- oder Landtagswahlen beruht üblicherweise darauf, daß ich die Homogenität des Trends untersuche. Und die Hochrechnung bei mir beruht eben darauf, daß nicht nur eine Punkt-, sondern auch eine Intervallschätzung gegeben wird, das heißt, nicht nur die Homogenität, sondern auch die Inhomogenität des Trends mit eingeht. Was heißt Trend? Trend ist die Veränderungsrate von einer Wahl gegenüber einer Vergleichswahl von vorher.

FURCHE: Eine Volksabstimmung hat es aber bisher noch nicht gegeben ...

.BRUCKMANN: Eben. Entweder muß ich daher diesmal neue Schätzmethoden verwenden, das eine ist zum Beispiel die sogenannte Regres-

sionsschätzung, indem ich also bestimmte Modellvorstellungen eingehen lasse, das sind neue Schätzungen, die ich früher nicht hatte. Oder ich muß mir fiktive Vergleichsdaten auf Grund von anderen Informationen herrichten, so als ob es schon einmal eine Volksabstimmung ähnlicher Art gegeben hätte.

FURCHE: Das wären dann Meinungsumfragen?

BRUCKMANN: Daß ich zum Beispiel eben Informationen, die ich aus Meinungsumfragen habe, ansetze auf die ö VP-, SPÖ- und FPÖ-Wähler und auf Grund dessen mir eine fiktive Ausgangsposition schaffe, als ob eben diese Meinungsumfrage ein Vergleichsfall zur Volksabstimmung wäre. Diese beiden Wege sind gangbar, und ich werde entweder beide gehen oder einen.

FURCHE: Es können hier natürlich auch geographisch große Unterschiede auftreten...

BRUCKMANN: Da gibt es sicher große Unterschiede. Die Homogenität wird Weit geringer sein. Vorarlberg wird sicher stärker dagegen sein, innerhalb Niederösterreichs wird sicher die Umgebung von Zwentendorf stark dagegen sein.

FURCHE: Können Sie einen Tip für den Ausgang der Volksabstimmung abgeben?

BRUCKMANN: Es ist überraschend, wie in den letzten Monaten ein deutlicher Umdenkprozeß auch unter den Intellektuellen stattfindet. Noch vor ein paar Monaten gab es viel mehr, die gesagt haben, wenn man schon acht Milliarden hineingesteckt hat, dann muß man es auch aufsperren. Und die schwerwiegenden Informationen, die die Zwentendorf-Gegner an den Mann bringen, geben doch immer mehr Menschen zu denken. Daher ist es so, daß der Prozentsatz derer, die mit „Nein“ stimmen oder zu Hause bleiben werden, eher im Zunehmen ist.

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