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Mitteleuropäische Literatur aus Litauen

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Auf kleine Länder, die um ihre politische Selbständigkeit kämpfen, richtet sich auch ein ebensolches Interesse. Daß jedoch Litauens Ausrufung der Unabhängigkeit im März 1991 vor allem auf dem Bewußtsein ungebrochener kultureller Identität fußt, wird erst dann evident, wenn man die ehrwürdige Sprachtradition dieses Baltenstaates in Rechnung stellt, welche ebenso wie die Musik oder die Volkskultur ganz selbstverständlich gepflegt wird.

Die litauische Sprache ist dem ältesten Sprachzweig des Indogermanischen zugehörig, und es lag daher nahe, endlich auch einmal die Literatur dieses allein schon geographisch so reizvoll situierten Landes zu Wort kommen zu lassen.

Beide Herausgeber haben sich bemüht, nicht nur eine umfassende Anthologie mehr oder weniger zeitgenössischer Autoren zusammenzustellen beziehungsweise zu übersetzen, sie haben der vorliegenden Prosasammlung auch einen kulturhistorisch eindrucksvollen Vorspann beigegeben, dessen Bildmaterial allein schon für sich spricht.

Literarische Emanationen eines Volkes müssen gerade auch aus der historisch-sozialen Situation heraus verstanden werden. Die nun vorliegende, verdienstvolle Anthologie bietet dem Leser einen sehr guten Überblick über das dichterische Schaffen aus den letzten Jahrzehnten.

Besonders interessant ist die inhaltlich wie formal geglückte Erzählung „Das Stieropfer" von Romualdas Granauskas, die sich mit der Christianisierung der heidnischen Landbevölkerung beschäftigt. Sie hat folgerichtig diesem Buch seinen Namen gegeben.

15 Schriftsteller, die für ihre au-tochthone Sprachkultur stehen - wäre dies für uns nicht endlich auch Anlaß genug, sich fernab vom Tagesgeschehen den wesentlichen Seiten Litauens anzunähern?

DAS STIEROPFER. Erzählungen aus Litauen. Herausgegeben von Cornelius Hell und Anatas Gaifiius. Otto Müller Verlag, Salzburg 1991. 186 Seiten, 14 Fotos, öS 298.-.

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