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Mythos Mörder

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Ein Mörder als historische Figur und zugleich als Mythos. Die Morde mögen erklärbar sein, aber Bernard-Marie Koltes wollte über den Mann, den er zum Helden seines letzten Stücks machte, nicht zu viel wissen. ..Roberto Zucco" steht Figuren von Albert Camus näher als dem Roberto Succo, der lebte, wirkt aber abstrakter als jene. Wir erfahren nicht, was ihn treibt, keine Motive, keine Reflexionen. Das Stück wirkt dunkel wie so vieles, was Koltes schrieb. Erschrek-kendes wird aus intimer Nähe gezeigt, niemand liefert den Verständnis-Filter dazu. Dies erzeugt Irritation, aber auch Faszination.

Im Schauspielhaus, wo Hans Grat-zer das Stück inszenierte, drängt sich nicht nur der Gedanke an Camus, sondern auch an Ödön von Horväth auf. Nicht nur von wegen Auflösung in Bilder, auch von wegen Haltung. Markus Hering beeindruckt als Roberto Zucco gerade durch eine gewisse Distanz zur Figur, eine leichte Ratlosigkeit, die in seiner Darstellung mitschwingt, Zeichen von Mitleid. Er wirkt, ein interessanter Bruch, weicher als die hervorragende Mi-chou Friesz („Mädchen"). Vera Bo-rek mit ihrer gewaltigen Spannweite gelingt es, die Frau zu spielen, die sich an den Mörder ihres Kindes hängt. Roswitha Soukup liefert, als Draufgabe zur „Schwester", eine zum Schreien komische, aufgeregte Nutte - eine vielversprechende Entdeckung!

Ein Rahmen, vier verschiebbare Flächen, eine starke Lichtregie setzen die Ästhetik der Farbe und des Lichts an die Stelle von „Milieu".

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