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Nach Wien aussi, eini, umi oder obi?

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Lieber früher als später würde die österreichische Regierung unser Land als Mitglied der Europäischen Gemeinschaft sehen. Allein für Übersetzungen in die unterschiedlichen Landessprachen benötigt die EG jährlich unzählige Tonnen Papier.

Österreich könnte zu dieser babylonischen Sprachverwirrung das Seine dazu beitragen. Denn nicht einmal innerhalb unserer Landesgrenzen - so scheint es - spricht jeder die gleiche Sprache.

Begibt sich beispielsweise ein Steirer in „die große fremde Stadt“ im Osten Österreichs, so fährt er aussi. Nicht eini, wie man es bei einer Großstadt erwarten würde. Ein Oberöster-

reicher - dies leuchtet ein - bewegt sich donauabwärts in Richtung Wien, daher owi. Vom südlichsten Bundesland, Kärnten, ist die Fahrt in den Nordosten des Bundesgebietes mit keinerlei Adverb verbunden: Man fahrt schlicht „näch Wien“.

Aus einer gänzlich anderen Perspektive sieht man die Haupstadt vom „heiligen Lande“ aus. Der Tiroler muß etliche Höhenmeter überwinden, um nach Wien zu gelangen. Demzufolge fährt er obi. Allerdings bedient er sich desselben Ausdrucks, wenn er vom Tiroler Unterland aus etwa die südlich gelegene Steiermark ansteuert - selbst dann, wenn sein Zielort höher liegt als der Ausgangspunkt in Tirol. Nun könnte man meinen, der Tiroler begibt sich schon aus Prinzip ausschließlich obi. Weit gefehlt. Um nach Südtirol zu gelangen, muß man eini. Und zwar deshalb, weil man „hintem Brenner einifohrt“. So einfach ist das.

Um keinen Deut simpler erscheint das geographische Verständnis des Burgenländers. Begibt er sich ins angrenzende Niederösterreich, bei-

spielsweise nach Kirchschlag, fährt er eini, nach Wiener Neustadt allerdings aussi. Liegt Eisenstadt nördlich seiner Heimat, muß er dennoch owi, da er dem Flußlauf der Wulka folgt. Owi geht es ebenso in Richtung Kärnten, aber eini in die Steiermark. Gängigste Richtungsbezeichnung ist jedoch umi - es gilt für alle hier nicht angeführten Lokalitäten...

Mögen sie den Burgenländem auch am entferntesten sein, im sprachlichen Verwirrspiel scheinen die Vorarlberger fast ein verwandtschaftliches Verhältnis mit den „Pannoniem“ zu pflegen.

Hoam beispielsweise kehrt ein Rheintaler, wenn er den*Arlberg überschritten hat, haam ein Bewohner aus der Umgebung Feldkirchs. Wer nun vermeintlich Wienerisch vernommen hat, der irrt. Denn zwischen Bludenz und Silvrettapaß kommt man bereits heem und zurück in den Bregenzerwald gar hui.

Nicht auszudenken, welch Babylon in einem „Paneuropa“ erst mit dem österreichischen Kauderwelsch entstehen würde...

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