Das Bewußtsein der Österreicher von ihrem Staat und ihr Bekenntnis zu ihm stehen heute außer Diskussion. Nach der undatierten Grafik auf der Umschlag-seite bekennen sich auch fast zwei von drei Österreichern zur Existenz einer österreichischen Nation - Erfolg des Bewußt-seinsbildungs- und Lernprozesses der letzten vierzig Jahre.
Felix Kreissler, verdienstvoller Vertreter österreichischer Belange an der Universität von Rouen, hat der Erforschung — und Propagierung — dieses Prozesses sein Lebenswerk gewidmet.
Man wird mit Kreissler übereinstimmen können, wenn er Österreichs Nationswerdungs-Prozeß mit dem. Anschluß” und der Reaktion auf die nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen gegen alles österreichische einsetzen läßt, aber wohl kaum, wenn er es den Menschen in der Mitte des 19. Jahrhunderts zum Vorwurf macht, sich — wie er meint „irrtümlich” — der deutschen Nation zugehörig gefühlt zu haben.
Der „Pangermanismus” ist Kreisslers Buhmann, den er weit zurückverfolgt — bis zum „Einmarsch deutscher Truppen” (nach einem Zitat von Hoor) in Österreich während der friederi-zianischen und napoleonischen Kriege.
Ein wegen seiner reichhaltigen Materialien über den österreichischen Widerstand interessantes Werk, das aber als politische Tendenzschrift gewertet werden müßte.
DER ÖSTERREICHER UND SEINE NATION. Von Felix Kreissler. Böhlau-Verlag 1984. 732 Seiten, geb., öS 696,-.
