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Neues ist wieder out

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Er taucht ja von Zeit zu Zeit immer wieder auf, dieser Trend zum Alten, Gebrauchten. Aber schneller als er auftaucht, ist er schon wieder untergetaucht. Schließlich ist mit wirklich Altem aus Großmutters Mottenkiste kein Geschäft zu machen. Aber jetzt ist das anders. Jetzt ist neu out und alt in. Der Flair von durchlöcherten Jeans, von verhatschten Goiserern, von zerschlissenen Hemden hat dem Modepublikum total den Kopf verdreht.

Wie sich frühergraute Fünfzigerinnen nicht mehr die Haare färben und faltenreiche Siebzigerinnen nicht mehr liften, so trägt die Frau oder der Mann von Welt das auf, was Altvordere zurückgelassen haben.

Es sind natürlich nicht Sparsamkeit oder gar Geiz, die diesen Trend begünstigen. Nein, leisten kann sich heute fast jeder alles. Aber dieses neue Zeug, es ist einfach nicht das Gelbe vom Ei. Es ist steril, hat keinen Charakter, ist nicht durch die Höhen und Tiefen eines Löbens gegangen und hat nicht den erdigen Geruch wie eine abgetragene Lederjacke oder eine durchlöcherte Bermuda. Bei den Autos ist man da schon lange auf dem Oldi-Trip via Oldtimer. Wer sich's leisten kann, der fährt ein Modell 1910 und gehört damit zur Creme de la creme. Warum nicht auch das Outfit von anno dazumal tragen?

Auch bei der Einrichtung setzt man auf das bewährte Alte und stellt sich Biedermeierschränke und Jugendstilvasen ins Wohnzimmer. Auch die alten Marken, die alten Telefonkarten und die alten Bierdeckel sind doch immer des Sammlers liebstes Kind.

Und wenn mich nicht alles täuscht, auch junge Herren nehmen gern ältere Damen. Dieses junge unerfahrene Gemüse ist ja doch nicht das Wahre.

Es ist wie bei frischem, ofenwarmem Brot, es schmeckt zwar, aber auf die Dauer tut es nicht gut.

Darum, hinauf auf den Dachboden, hinunter in den Keller, heraus mit den gelbstichigen Nachthemden und hinein in das Fischbeinmieder. Alt ist in, auch wenn's ein bißchen kratzt und staubt, aber irgendwelche Opfer müssen der Mode immer gebracht werden.

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