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„Neun gegen den Krieg”

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Als die Schauspieler in der zur Bühne gewordenen „Kirche zum Guten Hirten” in New York ihre Hände falteten und das „Vaterunser” sprachen, standen viele im Publikum auf und sprachen das Gebet miit. Es war einer der erschüittemidisten Momente der Aufführung des Prozesses der Neun von Catonsville.

Dieses Stück ist ein Dokumenitar- stück, auf Prozeßprotokollen beru» hend. Im Mai 1968 verbrannten neun katholische „Radikale” öffentlich, unter ihnen Geistliche und eine Nonne — alle Gegner des Vietnamkrieges — in Catonsville (Maryland) Wehrdienstlisten und andere Dokumente der Musterungsbehörde und warteten dann friedlich, bis sie verhaftet wurden. In der ‘folgenden Gerichtsverhandlung leugneten sie ihre Tat nicht, erklärten sich jedoch unschuldig, da sie einem höheren christlichen Gesetz zufolge es als ihre menschliche Pflicht angesehen hatten, das zu vernichten, was möglichen Todesurteilen gleichkam.

Der Autor des Stückes, Pater Daniel Berigan, Mitglied des Jesuiten ordens und zusammen mit seinem Bruder Philipp Berrigan einer der Hauptangeklagten, hat die dichterische Kraft, in diesem Stück alle Sc h w arz waim a 1 er ei zu vermeiden. Der Richter, der immer wieder entscheidet, daß es hier nicht um das Gewissen, sondern um Tatsachen gehe, ist ein Mensch, der mit dem Gewissenskampf der Angeklagten sympathisiert. Der Regisseur Gordon Davidson hat falsche, billige, demagogische Töne vermieden. Mit großem Respekt für Autor und Inhalt präsentiert er nicht ein litera- irisch-dramatisches Bühmenwerk, sondern ein aufwühlendes politisch- menschliches Dokument. Das Ensemble leistet durchwegs Großartiges, doch scheinen sie weniger Schauspieler, als stark beteiligte Menschen zu sein. Führend sind Ed Flanders und Michael Kane als die Brüder Berrigan und menschlich erschütternd William Schallers, der den Richter verkörpert. Das Publikum wurde zum Zeugen, ohne Zeugnis ablegen zu dürfen.

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