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Nur für Fußgänger

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Für die Tiere gibt's den Tierschutz, für die Gewässer den Gewässerschutz, für die Landschaft den Landschaftsschutz, für die Denkmäler den Denkmalschutz, für die Heimat den Heimatschutz - und für die Fußgänger gibt's in den Städten die Fußgängerzonen.

Ja, die Innenstädte gehören jetzt wieder den Menschen, nicht mehr den Autos. Ständig werden Fußgängerzonen vergrößert und verschönert. Man renoviert alte Häuser, man pflanzt Büsche und Blumen in gefällige Kunststeinbeete, man installiert gemütliche Bänkchen, die Caf6s und Restaurants stellen vom Frühling bis in den Herbst Tische und Stühle auf Straßen und Plätze.

Das Bild kennen wir alle, denn irgendwie ist die Atmosphäre in den verkehrsfreien Innenstädten Europas überall die gleiche.

Dank der Fußgängerzonen sind die Innenstädte wieder belebt, die Leute freuen sich über die verschönerten Citys. Diese Verschönerung kommt den Einheimischen ebenso zugute wie den Touristen. Die öffentliche Hand läßt sich deshalb die Attraktivierung der Innenstädte etwas kosten. Schließlich führen die entsprechenden Ausgaben auf der anderen Seite zu einem Zuwachs der Steuereinnahmen aufgrund der Umsatzsteigerungen in den Ladengeschäften, Boutiquen, Restaurants und Cafös.

Vielleicht handelt es sich bei den Fußgängerzonen um eine Maßnahme, welche die Leute an ihren privaten Interessen fassen und letztlich mit dem Ziel der Konsumation in die Citys locken soll. Vielleicht dienen die Angelockten - ganz nebenbei - auch als köderartige Statisten für eine raffiniert eingefädelte Demonstration systemgetreuer Konsumationsgesin-nung. Vielleicht liegt der Zweck dieser Demonstration nur darin, noch mehr Konsumenten zum stimmungsvollen Einkauf in die Zentren zu lok-ken.

Möglicherweise sind aber die Fußgängerzonen in den Innenstädten Europas tatsächlich nur im Hinblick auf die Erhöhung der Lebensqualität entstanden. Wir setzen uns in Straßencafes, wo wir den Straßenmusikanten zuhören und die Passanten beobachten können - und wo wir Muße finden, unseren Gedanken nachzuhängen. Zum Beispiel Gedanken darüber, warum eigentlich die Innenstädte ständig verschönert werden und wer oder was sich an diesen Orten der Begegnung wirklich begegnet.

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