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Aufräumert bei uns

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Klarsichtig war, was die beiden Präsidenten Vaclav Havel und Thomas Klestil am Montag bei ihrem Treffen im Wein viertel konstatierten: Bezugnehmend auf den Zustand Bosnien-Herzegowinas und das Blatt Papier aus Dayton, in dem ein „Friede" festgeschrieben wurde, meinten sie, daß jetzt erst jene Aufgabe begänne, die mit keiner Armee sichergestellt werden könne. Nun startet der Kampf gegen den Ungeist in den Köpfen vieler, der zu jenen brutalen Ereignissen auf dem Balkan geführt hat, die wir Europäer so wortgewaltig beklagen konnten. Die „geistigen Trümmer des Balkankrieges" liegen tatsächlich überall in Europa herum - auch in Österreich.

Die jüngste, fünfte Briefbombenaktion - unmittelbar vor der Nationalratswahl - ist Ausfluß dieses Ungeistes, der in Begriffen wie Fremdenangst, Haß des anderen, Hetze gegen Ausländer in vielen Köpfen nistet. Wir haben Grund genug, bei uns selbst mit dem Aufräumen anzufangen. Kein Bosnier-Flüchtling sollte Angst haben müssen, von uns nach Hause verfrachtet zu werden, nur weil dort jetzt „Friede" ist (siehe Kommentar auf Seite 5).

Gleichzeitig müssen wir uns sehr genau jene in der Öffentlichkeit wirkenden Menschen, Politiker genannt, anschauen, die diesem Ungeist nichts entgegenhalten. Im Fernsehen schloß nach dem Bericht über das Präsidenten-treffen eine Beportage über den Wahlkampf der FPÖ-Kan-didatin Liane Höbinger-Lehrer an. Alte Damen kritisierten Innenminister Einems Familienzusammenführungskonzept für Gastarbeiter: Nicht die Familie herholen, nein, der Vater sollte gefälligst nach Hause gehen! Da konnte die ausgebildete Sängerin Höbinger nur mehr anstimmen: „In den Herzen wird's warm, still schweigt Kummer und Harm."

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