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Flucht ins Vorgestern

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KREUZ UND BAJONETT. Koman. Von Jan Dobraczyfiski. Union-Verlag, Berlin. 377 Seiten. Preis 8.10 DM.

In der Literatur der Volksdemokratien ist das Ausweichen in die Historie eine geschätzte Möglichkeit, an Geschehnissen der Vergangenheit Gegenwartsprobleme aufzurollen.

Hier legt der Ost-Berliner Union-Verlag die deutsche Übersetzung eines polnischen Romans vor, in dem der Autor die 1801 von Napoleon angeordnete Intervention in Haiti schildert, die der dortigen freien Negerrepublik ein Ende machen sollte, statt dessen aber mit der Niederlage der Franzosen endete. Eine blutrünstige Geschichte mit Intrigen, Grausamkeiten und Verbrechen auf beiden Seiten. Eine besondere Rolle spielen in dem Buch die in der französischen Armee dienenden, nun in Haiti eingesetzten polnischen Freiwilligen, die aus der bitteren Erfahrung der dritten Teilung ihres Landes in den Negern „auch Menschen“ sehen und ihren Kampf um die Freiheit achten.

In dem Meer von gegenseitigem Haß, Bitterkeit und Mord behaupten sich einige Gestalten in beiden Lagern, die die Parole der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit noch ernst nehmen und sie für jeden Menschen und jede Rasse anerkennen. ,,Ich will jeden Menschen retten, den andere töten wollen“, sagt eine schlichte, alte Negerin, die Christin ist. Die Problematik „Kreuz und Bajonett“ faßt der Autor so auf, daß „wo das Kreuz ist, auch Barmherzigkeit ist“.

Leider wird diese ganze Problematik, in die auch noch eine Liebesgeschichte zwischen dem polnischen Oberleutnant Bed-narek und der Mulattin Sora verwoben ist, uns im Rahmen eines zweitrangige Unterhaltungsromans angeboten.

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