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Ohne FJS

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An Nachrufen fehlt es wahrhaftig nicht für Franz Josef Strauß: aufrichtige und geheuchelte, erschüttert gestammelte und diplomatisch geschleckte.

Der bedeutendste Politiker Bayerns der Nachkriegszeit und einer der schwierigsten Freunde, den Österreich hatte, ist nun tot. Der Respekt von Freunden und Gegnern, der ihm zu Lebzeiten außerhalb Bayerns oft vorenthalten wurde, wird ihm nun fast im Übermaß aufs Grab geschüttet. Das ist freilich nichts Neues, aber bei ihm ist es halt extrem — wie fast alles, was er zu Lebzeiten gemacht hat.

Auf die Frage, ob denn Franz Josef Strauß wirklich ein echter und typischer Bayer ist, habe ich oft geantwortet: Er ist ein echter, aber kein typischer. Manchmal habe ich ihn einen ,Jiybrid-Bayern“ genannt. Ein Mann, bei dem gute wie schlechte bajuwarische Stammeseigenschaften im Ubermaß ausgeprägt sind.

Seine politische Begabung, seine Interessen und sein Ehrgeiz gingen immer weit über die Grenzen, die Möglichkeiten und die Bedeutung Bayerns hinaus. Er war vielen überlegen, die politisch mehr erreicht haben als er; er war überempfindlich, wenn es um Kritik an ihm ging; und er neigte zu Uberreaktionen, wenn er sich im Recht wußte, aber nicht Recht kriegte.

In dem Begriff .Jlybrid-Bayer“ steckt das griechische „hyper“ im Sinne von Ubermaß und Höchstleistung ebenso wie das Wort „hybris“: das Ubermäßige, Uberzüchtete, überhebliche.

Seine Anhänger und Bewunderer steigerten ihre Verehrung bis ins kritiklos Kultische, als wäre er ein wundertätiger Supermann. Seine Gegner verstiegen sich leicht in ihrer Uberschätzung seiner Gefährlichkeit bis an die Grenzen einer Dämonen-Bekämpfung. Die überzogene Ungerechtigkeit ihm gegenüber hat wiederum umgekehrt die Neigung der Bayern zur Nibelungentreue ü berstrapaziert.

Der „homo politicus“ Franz Josef Strauß war auf völlig andere Weise als etwa Bruno Kreisky auch ein Ausnahmepolitiker, dessen Überlegenheit und Autorität zeitweise monarchische Züge erreichten. Sie hatten beide viel Respekt und wenig Verständnis füreinander. Beiden war — gemessen an ihren Fähigkeiten und ihrem Ehrgeiz — ihr Land zu klein.

So wie nach dem Ausscheiden Kreiskys aus der aktiven Politik in Österreich spricht man jetzt auch in Bayern bereits — mit Blick auf die verfügbaren Nachfolger - von einem Rückfall aus den weltpolitischen Ambitionen in die Provinzialität.

Ohne FJS wird Bayern nicht untergehen. Aber es wird politisch schrumpfen — auf seine tatsächliche Größe.

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