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Ohne Folklore

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(Opernhaus Graz; „Die verkaufte Braut” von Bedfich Smetana) Der ostdeutsche Regisseur Peter Konwitschny hatte fleißig im Originallibretto gegründelt und war dann in Smetanas Partitur fündig geworden. Er entdeckte von Aufführungsschlamperei verwaschene Strukturen, harte Konflikte und Widersprüche statt herzig-bunter Otto Schenk-Folklore, und die Möglichkeit, einem Außenseiterproblem psychoanalytisch zu Leibe zu rücken. Wenzel, der Stotterer, wird also positiv gesehen als phantasievoller Adoleszent, der sich einen zauberhaften, schneeweißen Zirkus ä la Federico Fellini herbeiträumt. Ein kindheitsgeschädigter Hans und seine Marie haben ernste Vertrauensprobleme, und Kezal, der Kapitalistenknecht, ist ein wandelndes Inkassobüro.

Der Furiant wird zum Potenztanz in der Männerklausur des Wirtshauses, das Duett Kezal-Hans zur Clownnummer vor der Pissoirwand, und der Polka-Beginn zur aggressiven Drohung eines Dorfkollektivs. Es ist alles anders und doch stimmig, voll innerer Logik, auch wenn sich's nicht nahtlos mit dem Libretto deckt.

Konwitschny inszeniert spürbar aus der Musik, choreographiert gewissermaßen die musikalische Phrase, übersetzt sie in poetisie-rende Gestik. Das ergibt zusammen mit dem malerisch-herben Bühnenbild Jörg Roßdorf f s und der engagierten Chor- und Solistenleistung (Dirigent Wolfgang Boziö) einen spannenden und berührenden Opernabend fern aller Schablone: ein Volltreffer.

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