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Ohnmacht der Bilder

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Die Macht der Rilder, die von der bildenden Kunst ausgeht, hält der Maler und Graphiker Herwig Zens für gering. „Allein die Tatsache, was CNN während der Vorkommnisse in Moskau gezeigt hat, zeigt die Macht der Rilder". Von solcher Macht ist die Kunst weiter entfernt denn je. Sie vermag auch keine Ikonen der Darstellung zu schaffen, in der das Zeitgefühl kristallgleich fixiert wird, wie das legen-dä*e Rild von Marilyn Monroe im hochfliegenden Rock über dem U-Rahn-Schacht im Film „Das verflixte 7. Jahr". Die Malerei ist prinzipiell Selbstzweck. Die Frage, was ein Retrachter mit dem Rild überhaupt anfangen kann, hat auf den Gestaltungsprozeß keinen Einfluß.

Die Spielregeln der Abstraktion interessieren Zens nicht. Seine Haltung ist die eines Retrachters eines Fußballspiels: „Wer sich für Fußball interessiert, muß noch lange nicht mit einem Rall herumrennen". Kunst kann nicht aufklären, nichts verhindern, niemanden bessern, vielleicht ein wenig Rewußt-sein schaffen. Zur Macht der Rilder gehört die Identifikation des Retrachters mit dem Gezeigten. Die Menschen reiten auf ihren Kinosesseln mit, als würden sie selbst durch die Wüsten gejagt. Dazu gehört auch die Identifikation des Abgebildeten mit dem eigentlichen Ding. Am besten zu sehen in Zeiten des Wahlkampfes. Da werden den Kandidaten die Augen ausgestochen, die berüchtigten Hitlerbärtchen aufgemalt, die entstellenden Zahnlücken zugefügt.

Entscheidend für Zens ist, ob ein Rild aus innerem Antrieb geschaffen wird oder ein Auftragswerk ist. Ein Kruzifix für eine Kirche gestaltet, eine Arbeit für eine Flughafenhalle soll die Haltung der Retrachter verändern. Da könnte sich die Macht des Rildes zeigen. Doch Zens sieht die mögliche Kommunikation zwischen Rild und Retrachter viel radikaler. Die gotischen Flügelaltäre waren früher zumeist geschlossen, wurden nur zu besonderen Anlässen geöffnet. Vielleicht war dadurch die Reeinflussung des gläubigen Menschen stärker. Das Rild zu sehen, war ein Erlebnis und keine Selbstverständlichkeit. Die Macht der Rilder bestand in ihrer Verhüllung.

„Rilder haben eine Macht in dem Menschen, der sie schafft." Sie wollen heraus. Dafür nimmt jeder Künstler alle Schwierigkeiten in Kauf, um sein gestalterisches Wollen zu ermöglichen.

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