Das Buch, von dem hier die Rede ist, nehme man idealerweise in einem Zug zu sich, der aufgrund von etwa 66 Aufenthalten - in Stationen oder auch nicht, in Italien oder auch nicht - eine gewaltige Verspätung erzielt; nach jedem Aufenthalt schnabuliere man ein Portiönchen: eine Porträtskizze, ein winziges Pamphlet, den Hauch einer Parodie. Daneben schenke man jeweils einen Blick dem überforderten undoben'drein völlig inkompetenten Schaffner, der im Chor Begeisterung kundgebenden amerikanischen Reisegruppe sowie dem verdrossen Cioran lesenden Intellektuellen vis ä vis und gelange zu dem Schluß, daß der Homo stultus, der Einfaltspinsel, fraglos den menschlichen Archetypus seit jeher darstellt, ja, daß genaugenommen mit Ausnahme von einem selbst und den Verfassern dieser Sammlung ausschließlich Einfaltspinsel die Erde bevölkern.
Schon, und ohne es wirklich bemerkt zu haben, ist man eingedrungen in das Geheimnis, welches Genialität und Erfolg des italienischen Autorenpaares Fruttero & Lucentini ausmacht, befindet man sich mitten drin in der Beziehung der beiden Turiner Signori. Genauer genommen steht man als Leser an einem Eckpunkt eines Beziehungsdreiecks und kann plaudernd partizipieren an dem Gefühl, einander zu genügen und nicht auf die Meinung oder gar das Urteil eines Vierten angewiesen zu sein.
Hier sitzen zwei ältere Herren, erzählen einander Geschichten und Witze, unbeirrbar, lassen es sich miteinander gutgehen und sind dem Leser in einer angenehm distanzierten Weise wohlgesonnen. Was die beiden von sich geben, ist nicht immer von höchstem Belang, spielt sich auch nicht so auf, ist eins mit Sicherheit nie: dumm.
EIN HOCH AUF DIE DUMMHEIT. Porträts, Pamphlete, Parodien. Piper Verlag, München 1992. 260 Seiten, öS 310,40.
