Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Die alten Binsenweisheit könnte um die Kategorie Neo-Pensionisten oder Pensionisten erweitert werden. Im rot-weiß-roten Parteienreich kann es für mitten im Produktionsprozeß stehende Menschen gefährlich sein, ihre eigene Meinung zu sagen. Was nicht heißen soll, daß viele Zeitgenossen nicht dennoch eine Meinung sagen, die aber nicht die ihre ist.
ÖIAG-Chef Geist, dessen Bewunderung für Kreisky schon in der Frage des Austro-Porsche stark strapaziert schien, hat nun genug: Nach jahrelangen erfolglosen Bemühungen um eine Art Richtlinienkompetenz in der Verstaatlichten, hat er resigniert und will nun von sich aus nicht mehr um eine Verlängerung seines Vertrages ersuchen. Er will sein Kultur-Defizit aufholen, sich der Mathematik und Philosophie widmen.
Bevor er aber von der Bühne abtritt, sagt Neo-Pensionist Geist den derzeit Mächtigen eine Wahrheit, die schon seit einiger Zeit herumgeistert“: er kritisiert, daß in Österreich in zunehmendem Maße für Top-Positionen Parteileute ausgewählt werden. Wie anders sollte es zu verstehen sein, wenn Geist an diejenigen, die über seinen Nachfolger bestimmen, die eindringliche Bitte richtet: Es sollte ein Fachmann sein; er wolle ja nicht ausschließen, daß auch gute Fachleute Parteileute sein können, Fachleute sollen ruhig auch Parteibücher besitzen. Aber: Er sollte halt nicht in erster Linie Parteimann und dann erst Fachmann sein ...
