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„Ungeschlecht" ist Gerold Späths Romandebüt, mit dem er 1970 einen fulminanten Einstand feiern konnte. Inzwischen hat er es auf über ein Dutzend Romane gebracht, die ihn als Fabuliermeister höchsten Grades ausweisen, dessen CEuvre dem von Günter Grass - jawohl! - mindestens ebenbürtig ist. Das wissen bloß noch zu wenige Leser. Seit Späths Wechsel zum Suhrkamp Verlag sind einige seiner Bücher vergriffen, und es ist zu begrüßen, daß sie jetzt neu aufgelegt werden. Wer Späths Erstling seinerzeit versäumt hat, sollte ihn jetzt unbedingt kennenlernen.

„Ungeschlecht" erzählt die Geschichte des Zürichsee-Fischers gleichen Namens, der qua Erbschaft zu einem Vermögen gekommen ist, um das ihn seine biedermännischen Mitbewohner des eidgenössischen Weltstädtchens Rapperswil schleunigst wieder bringen möchten. Da intrigieren mit der Pfarrer Ochs, der Fischerkollege Buchser und ein ganzes Sammelsurium von Quer- und Wirrköpfen der sonderbarsten Art. Ungeschlecht flüchtet schließlich in die Fremde, treibt sich in der weiten Welt herum, bis er zuletzt, weiser und weltmännisch-schlauer geworden, in heimatliche Gefilde zurückkehrt.

Späth ist mit diesem Roman eine moderne, sprachgewaltige Variante des Schelmenromans gelungen, die bisher allenfalls der Autor selber übertroffen hat. Späth hat hier jenen literarischen Kosmos begründet, in dem die meisten seiner späteren Bücher angesiedelt sind und der von der Landkarte der Weltliteratur nicht mehr wegzudenken ist. Wer schwärmt, der darf auch mal salopp werden: „Ungeschlecht" ist irrsinnig komisch und wahnsinnig gut. Wäre dieser Roman noch vergriffen und hätte ich ihn noch nicht, Dutzende anderer Bücher würde ich hergeben dafür.

UNGESCHLECHT. Von Gerold Späth. Suhrkamp Verlag; Frankfurt/Main 1992. 626 Seiten, öS 436,80.

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