Das Buch berichte von der Freundschaft eines Deutschen mit einem Bauern in den Bergen der Dröme, schreibt Christoph Meckel im Vorspann. Beide leben im Dorf Villededon im Hinterland des Departements. Meckel-Kenner wissen, wo sie ihren Finger auf der Landkarte zu plazieren haben.Villededon ist ein Hinterweltort mit der provinztypischen alltäglichen Grausamkeit zwischen Wirtshaus, Kirche und Friedhof, jener Mischung aus Ignoranz und selbstbewußter Beharrlichkeit der Bewohner, mit der beinahe korrumpierend schönen Kargheit der Natur, kurz ein Ort, in dem es sich leben, arbeiten und sterben
Bangkok ist Ziel der massenhaft einfliegenden Pauschalreisenden geworden, auch die Rucksacktouristen benutzen es als Basis auf der Suche nach dem unberührten paradiesischen Fleck, der den ultimativen Kick beschert. Der junge Engländer Richard in Alex Garlands aufregendem Debütroman „Der Strand” ist einer von diesen Suchern abseits der ausgetrampelten Pfade. Im Kopf hat er die für seine Generation typischen Träume von Freiheit und Abenteuer, die Vietnamfilme von Coppola über Kubrick und Stone bis Zito, die kriegerischen Videogames, kurz: den Überbau aus einer Mischung von Super Mario
Seit Jahren läßt Gert Jonke auf den neuen Roman warten, den der Verlag einst unter dem Titel „Entflieht auf leichten Kähnen" ankündigte. Da sich Jonke nie um das saisonale Abliefern von Manuskripten gekümmert hat, wollen wir ihm geduldig eine weitere Frist für den großen Roman gewähren. Zumal jetzt mit der Sammlung „Stoffgewitter" eine Art Werkstattbericht vorliegt, eine Auswahl aus den Geistesblitzen und Donnerschlägen des Sprachfeuerwerkers.Der Band versammelt Novellen, Gedichte, Skizzen, Reden, Grotesken und Essays aus den letzten zehn Jahren, darunter bisher
Wer hat als Kind nicht davon geträumt, mit dem Lieblingsgroßvater oder dem Lieblingsonkel eine Abenteuerreise zu unternehmen? Zum Beispiel auf der Suche nach jenem geheimen Loch, durch das man aus der Welt schlüpfen könnte? Ein solcher Wunschtraum wird für den Helden in Kopfs neuem Buch Wirklichkeit: Zusammen mit Onkel Nurmi bricht der Junge zu einer Beise nach Finnland auf, zu einer Fata Morgana aus Birken, Felsen, Sumpf und Wasser.Der Onkel ist ein eigenbrötlerischer Junggeselle, im bürgerlichen Beruf Professor der Medizin, was aus der Sicht des Neffen „Erzähler an der Uni”
Kirsty Gunns Element ist das Wasser, hier beginnt und endet alles: „Der Rest ist Wasser". Aber die Novelle der jungen Autorin ist keine Ophelia-Geschichte. Der da begabt ist für das nasse Element, das ist der fünfjährige Jimmy Phelon, der sich zusammen mit seiner zwölfjährigen Schwester Janey - der Ich-Erzählerin - am liebsten im Gelände am See herumtreibt. Beiläufig sagt Janey zu Beginn: „Das Wasser liebte meinen Bruder zu sehr."Jedes Jahr verbringen die beiden den Sommer im Haus am See. Der Vater hat es einst nach einer widrigen Gewitternacht ersteigert - in letzter
Der Autor W. G. Sebald bezieht sich in seinem neuen Buch „Die Binge des Saturn" mehrfach auf einen Text von Jorge Luis Borges. In dessen Erzählung „Tlön, Uqbar, Orbis Tertius" sinniert der Erzähler über die Möglichkeit, über das rein Irreale zu einer neuen Wirklichkeit zu gelangen. Einsiedler und Erfinder würden mittels labyrinthischer Konstruktionen unsere bekannte Welt so verwandeln, daß es künftig nur noch eine fiktive Vergangenheit gebe. Angesichts der Tatsache, daß unsere Geschichte aus einer endlosen Kette von Katastrophen bestehe, liege in der Fiktionali-sierung
Selten waren beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt die Juroren so einig wie 1995. Der junge Autor mit dem Pseudonymen Markenzeichen „Franzobel" überzeugte Publikum und Jury mit seinem fulminanten Vortrag der „Krautflut". Jetzt ist der Text auch zu lesen, und sicher ist ein Leser im Vorteil, der Franzobels Stimme, seine Bierpausen, den Bhythmus der Lesung noch im Ohr hat.Er ist ein Avantgardist in der Nachfolge der „Wiener Gruppe", aber auch von Dada, von dem sich die Anhänger der experimentellen Poesie neue Impulse erhoffen. Doch ist in der „Krautflut"
Mit dem Kopf voran. Im Kopfstand kommt der Mensch auf die Welt” heißt es zu Beginn von Budolf Habringers neuem Bo-man. Er schildert die Schicksale von Menschen, die nie auf die Beine gekommen sind. Der Untertitel verspricht einen „Boman in Zusammenhängen”. Da mag man zunächst argwöhnen, es könne sich bei den zwölf Geschichten um eine verkappte Sammlung von Erzählungen handeln. Doch beim Lesen stellen sich Bezüge zwischen den Kapiteln her, ein Zusammenhang, der Figuren verbindet. Alle scheitern ziemlich kläglich am Leben, weil sie Kopf und Herz nicht zusammenbringen können. Es
Von Wolfgang Hildesheimer stammt die Aussage, er habe eine Zeit lang versucht, „ein Telefonbuch zu schreiben”, zu Übungszwecken, versteht sich. Und Marcel Reich-Ranicki, von dem Hildesheimer einmal gesagt hat, daß er ein guter Mann sei, nur leider von Literatur nichts verstünde, erklärt immer wieder, daß das Telefonbuch eine höchst spannende Lektüre sei.Literaturkritiker und -Wissenschaftler kümmern sich leider viel zu selten um alltägliche Dinge. FranzJosef Goertz haben wir es zu verdanken, daß wir uns jetzt auf unterhaltsame und lehrreiche Weise über den Zusammenhang von
Höchst erfreulich, daß der Verlag bald alle Werke Sebalds im Taschenbuch veröffentlichen wird, auch den zweiten Essayband zur Österreichischen Literatur, „Unheimliche Heimat“.
Wie viele Autoren, denen die Welt eines Tages zu eng wurde, hat sich auch Tad Wilhams eine eigene im Kopf erschaffen. Es ist das sagenhafte, my-thenumwobene Land Osten Ard zur Freude seiner wachsenden Leserschar mit einem Gewimmel an Gestalten bevölkert hat, die er durch schiere Endlosketten von Abenteuern jagt. Bei der eingeschworenen Fangemeinde haben seine Bücher längst Kultstatus erreicht; und zweifellos war seit Tolkiens Büchern und abgesehen vielleicht von Terry Prat-chetts irrwitzigen Phantastereien (,,Scheibenwelt”-Zyklus) kaum ähnlich wuchernd-wa-bernde Fantasy zu lesen.Im
Kunst und Geschlechtsleben wachsen aus demselben Wurzelstock", hat Cesare Pavese einst notiert. Was Schriftsteller und Psychologen, Literaturkriminologen und Schlüsselloch Journalisten über Generationen beschäftigt hat, nämhch der Zusammenhang zwischen Liebeslust und Künstlerfi-ust, das scheint auch Fritz J. Raddatz umzutreiben. Sein neues Buch spürt an Hand zahheicher Beispiele von Gottfried Berm über Thomas Marm imd Oscar Wilde bis zur Albert Camus, Franz Kafka und Robert Musil der ungelösten und vermuthch unlösbaren Frage nach, ob das Ewig Weibliche den Künstler nicht hinauf-,
Nikolaus Meienberg, der Globetrotter, Dichter und Humanist, um den wir die Schweizer beneiden dürfen, hat sich qua Freitod von uns verabschiedet. Jetzt sind seine letzten Bepor-tagen erschienen. Meienberg hat diese Gattung zur höchsten Kunst entwickelt.Kein Pardon gibt es da, wenn er das, was ihn stört, umtreibt und wütend macht, beim Namen nennt: Das verrottete Paris (Hundekot als Symptom), den „Wargasm on Constitution Avenue' nach dem Golfkrieg, die Zustände in Algier und Karäbach, die Abschlachterei in Bosnien, aber auch der Esoterikfimmel in der Schweiz und die Schwierigkeiten mit
Gerold Späths neues Buch spielt in Irland. Nostalgiker der grünen Insel dürfen beim Lesen von Galway und Con-nemara träumen. Im Mittelpunkt steht ein Mann namens Heinrich R, der auf die Sechzig zugeht, eine Herzattacke hinter sich hat und deshalb in Maidenford versucht, seine Pumpe zu schonen, derweil seine Frau um den Globus reist. Es könnte aber sein, daß Heinrich R seine Reise nur vom Schreibtisch aus unternimmt, weil es des Autors Gedankenspiel so will.Wieder kommt die Literatur aus dem Schilf. Wir spüren den Wind, riechen den See, das Holz und das Land. Heiri und die Rewohner
Die Erde ist ein trostloser Planet geworden, die Menschen haben sich zu Ungeheuern entwickelt, die im Verlauf der Geschichte nur Leichenberge hinterlassen, der Teufel hat überall seine Finger im Spiel - da möchte der Liebe Gott im Himmel am liebsten seine Schöpfung wieder zurücknehmen. Dies ist die Ausgangslage von Harry Mulischs Epos über Globus und Galaxis. Ein Mensch soll im Auftrag Gottes die verschollenen Gesetzestafeln mit den Zehn Geboten wieder zurückbringen, so wird es von „Sky Limited” in der Chefetage göttlicher Logistik ausgetüftelt und mit Hilfe des irdischen
Richard Wiley erzählt von jenen närrischen Prospekteuren, die beim Goldrausch im wilden Norden Amerikas ihr Glück zu machen hofften. Schauplatz ist Nome, Alaska, um die Jahrhundertwende, die Akteure, Glücksspieler und Hasadeure, auf der Suche nach ihrem Traum. Ein illustres Volk von Quer- und Dickschädeln, die die Stadt Nome aus jenem Boden stampfen, den sie zuvor nach Nuggets durchpflügt haben, bis fast nichts mehr übrig ist. Dazwischen stehen die Eskimos (besser Inuit, Menschen), die dem Treiben der „zivilisierten” Menschheit, repräsentiert durch kaputte Radaubrüder und korrupte
Frank Copenhaver ist ein Alt-68er, der es sich längst bequem gemacht hat in seiner Heimatstadt in Montana, wo er seine diversen Immobilien und das Geld auf der hohen Kante verwaltet. Als ihm jedoch eines Tages seine Frau Gracie davonläuft, gerät er ins Wanken und verfällt wieder in den alten Hippie-Trott, säuft und hurt herum bis an den Rand des Ruins.McGuane, seinerzeit selbst einer der Zeremonienmeister der amerikanischen Hippie-Generation, entzaubert mit seinem neuen Roman den amerikanischen Traum, in dem auch die Hoffnungsträger von einst im Strudel von Geld und Korruption
Juan Marse, 1933 in Barcelona geboren, hat seine Karriere als Gelegenheitsarbeiter begonnen und sich mittlerweile zu einem der angesehensten Autoren der modernen spanischen Literatur emporgeschrieben. In seinem neuen Roman „Der zweisprachige Liebhaber” geht es um eine Beziehungskiste, aber keine Angst, der Autor hat sich schon etwas Besonderes einfallen lassen und bietet eine artistische Glanzvorstellung. Juan Mares (das einfache Anagramm verweist auf Autobiographisches) ist von seiner Frau Norma verlassen worden. Er kann den Trennungsschmerz nicht überwinden, versackt immer tiefer in den
Wer gerne in Wünschen verreist, hat den magischen Durchschlupf zu den Büchern gefunden und wird seine helle Freude an Kopfs neuem Buch„Papas Koffer" haben. Der Ich-Erzähler trägt den Spitznamen Hemingstein, hat früh beide Eltern verloren und wächst bei der Großmutter in Thulsern auf, die ihn das Leben und das Lesen lehrt. Seit er die erste Zeile Hemingway gelesen hat, sehnt sich der Waisenknabe nach „seinem Papa" im Universum der Bücher; das Paradies stellt er sich als Bibliothek vor.Eines Tages stößt er auf seinen „großen Fisch", auf die Geschichte von dem
Die Entdeckung der Nordwestpassage hat die Menschheit gut 400 Jahre lang beschäftigt und sich am Ende, als sie dann tatsächlich gelungen war, als absolut nutzlos, weil eben unpassierbar erwiesen. Kein Wunder, daß in diesem grandiosen Inbegriff der Vergeblichkeit auch ein die Phantasie der Schriftsteller anregendes Faszinosum liegt. Kenneth Roberts hat sich in einem prächtigen Abenteuerschinken damit beschäftigt, und Sten Nadolnys „Entdeckung der Langsamkeit" hat mittlerweile längst Kult- und Bestsellerstatus erreicht. Nun treibt der kanadische Autor Mordecai Richler die
Von 21 Verlagen hat er Absagen bekommen, bis der Leipziger Reclam Verlag zugegriffen und das Schnäppchen der Saison gemacht hat. Mittlerweile hat sich Robert Schneiders Erstling „Schlafes Bruder" vom Geheimtip zum Bestseller gemausert, weniger durch Rezensentengetrommel als durch Mundpropaganda.Verdient ist Schneiders Erfolg ohne Zweifel. Sein Roman erzählt eine im Grunde einfache Geschichte: die des Musikers Johannes Elias Alder, der sich mit 22 Jahren qua Schlafverzicht aus der Welt verabschiedet, in der er nie heimisch werden konnte. Angesiedelt in einer dumpfen, sprachlosen Gegend
Spätestens mit Wolfgang Hildesheimers Büchern über Mozart, den historischen Künstler, und Marbot, eine erfundene Figur, sind die Relationen von Fiktion und Biographie um neue Möglichkeiten erweitert worden. In „Piranesis Traum" dreht Köpf die Spirale noch ein Stück weiter: Er schreibt die fiktive Autobiographie einer historischen Figur; und der Kunstgriff, den Helden zu unserem Zeitgenossen zu machen, der in der Wüste Australiens lebt und auf den langersehnten Tod wartet, verwandelt den Kupferstecher des 18. Jahrhunderts in eine universale Figur.Wie mancher Leser sich heillos in
Die Zigarre stirbt eines natürlichen Todes, sofern der geübte Cigarier das letzte Drittel weise weglegt. Hermann Burger, Verfasser des auf vier Bände angelegten cigarristischen Romans „Brenner”, konnte mit seinem Leben nicht so umgehen, wie er es mit den geliebten Stumpen getan hätte. Er hat seiner literarischen Prosamer-Exi-stenz ein Ende gesetzt; ob wirklich „vorzeitig”, wie es idiomatisch heißt, muß dahingestellt bleiben. Möglicherweise sah er den Zeitpunkt des letzten Drittels für gekommen. Jedenfalls ist die Tabak-Epopöe Fragment geblieben. Aus dem Nachlaß Burgers hat
Mit seinem Roman „Das Herz des Patrioten” hat sich der 1946 geborene Jewgeni Popow erstmals dem deutschsprachigen Publikum vorgestellt und als einer der interessantesten Vertreter der jungen russischen Literatur erwiesen. Mit „Die Wunderschönheit des Lebens” liegt nun eine Art Fortsetzung und ein äußerst ehrgeiziges Unterfangen gelungen übersetzt vor.Wie der Untertitel besagt, handelt es sich um ein „Kapitel aus einem Roman mit Zeitung, der niemals begonnen wurde und niemals beendet wird”. Popow wollte eigentlich die Ge-schichtedes zwanzigsten Jahrhunderts schreiben, in der
In einer Reihe von Büchern hat Christoph Meckel seinen apokalyptischen Großstadtpfuhl Babylon City mit einem Gewimmel an Gestalten bevölkert. Es sind Flaneure, Zuhälter und Nutten, Spieler und Killer, zwielichtige Unterweltexistenzen. „Sha-lamuns Papiere” bildet zusammen mit dem 1991 erschienenen Roman „Die Messingsstadt” ein „Corps de ballet” aus sieben Abschnitten. Es ist ein Totentanz, den Meckels Ensemble aufführt, denn vor Babaylon City gibt es kein Entrinnen, allenfalls kann man darin untertauchen.Wer an Meckels Liebesgeschichte „Licht” denkt, der mag zunaächst
Einen großen Lobgesang auf die Kunst des Flanierens und auf die Metropole New York hat der aus Irland stammende, heute in den Straßen von „Big Apple” beheimatete Nik Cohn geschrieben. Eine Weltreise wollte er eigentlich unternehmen, ist aber schon am Broadway hängengeblieben. So führt Cohn seine Leser über den „Großen Weißen Weg”, früher ein Indianerkriegspfad, heute die berühmteste Straße der Welt.Vom Südzipfel Manhattens geht die lange Wanderung hinauf nach Brooklyn, und wir lernen kennen: Tauge-und Habenichtse, Tagträumer, bankrotte Börsianer, Schlagzeuger, Boxer,
„Ungeschlecht" ist Gerold Späths Romandebüt, mit dem er 1970 einen fulminanten Einstand feiern konnte. Inzwischen hat er es auf über ein Dutzend Romane gebracht, die ihn als Fabuliermeister höchsten Grades ausweisen, dessen CEuvre dem von Günter Grass - jawohl! - mindestens ebenbürtig ist. Das wissen bloß noch zu wenige Leser. Seit Späths Wechsel zum Suhrkamp Verlag sind einige seiner Bücher vergriffen, und es ist zu begrüßen, daß sie jetzt neu aufgelegt werden. Wer Späths Erstling seinerzeit versäumt hat, sollte ihn jetzt unbedingt kennenlernen.„Ungeschlecht"
Vielen erscheint der Konjunktiv manchmal wie ein Buch mit sieben Siegeln. Armin Ayren, der sich schon in seinem großartigen, leider zu wenig beachteten Roman „Buhl oder der Konjunktiv" als wahrer Meister dieses Modus erwiesen hat, zeigt uns jetzt, wo 's konjunktivisch lang geht. Sein geistreicher, ebenso kurzweiliger wie lehrreicher Essay hilft uns, hinter die Geheimnisse des Konjunktivs zu dringen.Da es zu den genuinen Aufgaben der Literatur gehört - ja hierin liegen eigentlich ihre utopischen Potenzen -, mögliche Wirklichkeit und denkbare Modelle zu entwerfen, ist der Konjunktiv
Ein Romanerstling ist anzuzeigen, bei dessen Lektüre man ins Staunen gerät, denn sie schlägt einen sofort in ihren Bann. Rudolf Habringer heißt der Autor; er ist 1960 in Oberösterreich geboren, hat in Salzburg Germanistik und Theologie studiert und bisher Erzählungen veröffentlicht. Regionale Herkunft und seine literarischen Fähigkeiten weisen Habringer als Nachbar und Nachfahr Thomas Bernhards aus. Damit nicht genug: „Der Fragensteller" führt sowohl dem Schauplatz als auch der Konstellation nach in jene Gebirgsgegend, die der alte Meister in seinem Romandebüt „Frost"
Nach der sanften Revolution in Prag: Die Enddreißigerin Petra Märovä, Mutter einer ziemlich aus dem Ruder laufenden Tochter, freut sich darauf, daß ihre große Liebe, der Ökonomieprofessor Viktor Kräl, endlich aus dem kanadischen Exil heimkehren und Verantwortung in der Regierung übernehmen darf. Das erneute Knüpfen der Liebesbande stößt jedoch auf Hindernisse: Viktor ist verheiratet und gerät außerdem in den Verdacht, für die Staatssicherheit gearbeitet zu haben.Mit seinem neuen Roman reagiertPavel Kohout auf die aktuelle Entwicklung in der Tschecho-Slowakei. Soll die „Moral
„Das schönste auf der Welt, / ist mein Tiroler Land, / mit seinen Bergeshöhn und seiner Felsenwand", klingt das Volkslied aus dem Radio, während der geräderte Automobilist nach bleischwerer Luft schnappt, schwitzend Adrenalin ausstößt und es gar nicht erwarten kann, endlich nach Hintertux oder zum Stubai-gletscher zu gelangen. Doch vor des „Paradieses Schwelle" (J. N. Vogl, „Tirol") haben die Freizeitgötter heute den Stau gesetzt. Und Uber allen Gipfeln ist längst nicht mehr Ruh', wie weiland bei Goethe.
Auf die andere Seite des Globus führt Michael Ondaatjes Erinnerungsbuch an seine Kindheit und Jugend auf Ceylon, dem „Ring am Ohr Indiens". „Es liegt in der Familie" beschreibt nicht nur die Rückkehr des Autors zu den Quellen, sondern inszeniert zugleich einen Tanz der Familiengespenster. Da drehen sich exzentrische Damen und skurrile Herren, skandalumwitterte Kolonisten und liebestrunkene Phantasten im Reigen des hol-ländisch-tamilisch-singhalesischen Familienclans. Da sind der auf Saufen und Zügestehlen spezialisierte Vater, die blumenklauende und ihre (künstliche) Brust
Bruce Chatwin ist einer der bedeutenden Gegenwartsautoren, der die Welt bereist und sie in seinen Büchern neu erfunden hat. Jedem Erdteil hat er ein Buch gewidmet, nur über Asien konnte er nicht mehr schreiben, weil er 1989 einem bisher kaum erforschten Knochenpilz zum Opfer fiel.Unvergessen ist sein literarisches Debüt mit der Reise nach Patagonien. Ein „Wiedersehen mit Patagonien" dürfen jetzt die deutschsprachigen Leser feiern, für die Feuerland und Ushuaia magische Orte auf der Landkarte der Weltliteratur sind. Der besondere Reiz des Bändchens besteht darin, daß sich das
In der fünften Lieferung aus „Das Buch Thulsern", in der Novelle „Borges gibt es nicht", teilt Gerhard Köpf Nachrichten von den neuesten Schicksalen der Thulser-ner mit. Der Held ist diesmal ein Professor für Lusitanistik. So heißt die Wissenschaft von der portugiesischen Sprache und Kultur; es gibt einen Lehrstuhl dafür an der Universität Duisburg, wo zufällig auch Köpf Literaturprofessor ist. Köpf verfremdet die Disziplin zur „Wissenschaft vom Untergang", denn der Schiffbruch ist - wie bei Julian Barnes - „die einzige Chance im Leben des Menschen".Das
Beziehungskisten können gähnend langweilig und tödlich trivial sein. Nicht aber wenn sie Robert Gernhardt erzählt. Denn er ist ein Meister der psychologischen Feinzeichnung, der ironischen Zwischentöne und der sarkastischen Desavouierung seiner Figuren, mit denen er die Leser zunächst sympathisieren und dann abstürzen läßt - ins Komische, Groteske, ja Erbärmliche. So auch in dem neuen Erzählungsband „Lug und Trug", in dem die Beziehungsteilnehmer scheinbar um Ehrlichkeit und Offenheit bemüht sind, sich aber als Lügner und Betrüger, als Belogene und Betrogene entpuppen. Der
Frauen unterwegs, sei es als Forschungsreisende oder Singles auf Selbsterfahrungstrip, kommen an -und das im doppelten Sinne: Ein erstes Ziel ist schon erreicht, wenn den Reisen von Frauen auch auf dem Buchmarkt Rechnung getragen wird, denn jahrelang wurde uns das Reisen als Männerdomäne verkauft. Gewiß, es gab Pioniere wie Vita Sackville-West oder Isabelle Eberhardt, aber das sind nur zwei bekannte Namen. Es bleibt eine Vielzahl von Frauen, die unerkannt oder vergessen in ferne Länder aufgebrochen sind, um sich selbst und ihre Welt mit eigenen, eben weiblichen Augen zu