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planetophilos

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SOKRATES: Sage mir, o Planetophilos, ob es zutrifft, daß du glaubst, es gäbe anderswo unbekannte Völker, die mit Schiffen segeln, Götter verehren, Philosophie treiben, Wettkämpfe veranstalten und alles dies?

PLANETOPHILOS: Gewiß, o Sokra-tes. Und es sind gar viele, die diese Uberzeugung mit mir teilen.

SOKRATES: So erkläre mir doch, wie du und jene anderen meinen kön-. nen, es hausten in solchen fernen Gegenden, die noch nie eines Wanderers Fuß betreten hat, Wesen wie wir! Gleicht dies nicht dem Wissen von Gau-kelkünstlern_ und wortreichen Dichtern, welche in göttlicher Raserei mancherlei Dinge stammeln, die dem Besonnenen nur als eitles Geschwätz erscheinen?

PLANETOPHILOS: Auf keine Weise, o Sokrates. Es sind welche, und es sind ihrer nicht wenige, die berichtet haben, wie sie mit eigenen Augen Begegnungen mit jenen Wesen aus fernen Gegenden gehabt hätten.

SOKRATES: Wackerer Planetophilos, dies nun mußt du mir näher auseinandersetzen: Von welcher Art ist denn diese Begegnung?

PLANETOPHILOS: Von dreifacher Art, du Weiser! Zum ersten seien Schiffe gesehen worden, die anders als die unsrigen nicht übers Meer, sondern über den Himmel segeln. Die zweite Art nun, wie jene Unbekannten uns begegnen, besteht darin, daß solche fremdartigen Fahrzeuge, die in ihrem Aussehen flachen Amphoren gleichen, vor Anker gegangen seien.

SOKRATES: Füge mir hinzu, o Planetophilos, denn ich bin begierig, es zu wissen, ob jene Seher von fliegenden Amphoren berichten, von Entzückung erfüllt oder von Furcht bewegt gewesen zu sein, indem sie solche unbekannten Flugzeuge wahrnahmen! '

PLANETOPHILOS: Zu mehr Teilen von Furcht als von Entzückung, o Sokrates. Sie sagen, Begegnungen dieser Art seien unheimlich wie Phantasmen der Nacht, die den Schläfer im Schweiße der Angst baden lassen.

SOKRATES: Und nun die unheimliche Begegnung der dritten Art, wie verhält es sich damit, denn du sprachest von dreien, o Planetophilos?

PLANETOPHILOS: Mit dieser nun verhält es sich folgendermaßen: Einige sagen, jenen fremden Fahrzeugen seien fremde Wesen entstiegen und hätten

vertrauten Umgang mit ihnen gepflogen.

SOKRATES: Ei, lieber Planetophilos, gesetzt, es verhielte sich so, was meinst du wohl, welchen Grund sie haben könnten, uns zu besuchen?

PLANETOPHILOS: Daß du hierin nicht klug genug bist, dir selbst die Antwort zu geben, muß mich wundern, o Sokrates! Freilich doch wohl, um zu erkunden, wie alles bei uns beschaffen sei.

SOKRATES: Sage mir, o Planetophilos: Wenn nun unsere Baumeister trefflich genug wären, Schiffe zu bauen, um mit ihnen am Himmel zu rudern, würden wir es dann unternehmen, mit ihnen so lange zu reisen, bis wir jene Wesen antreffen, um zu erkunden, wie alles bei jenen beschaffen sei, oder würden wir nicht?

PLANETOPHILOS: Sicherlich. Gewiß würden wir dies unternehmen.

SOKRATES: Denke nun weiter mit mir, o Planetophilos: Es verstriche nun einige Zeit des Reisens mit solchen trefflichen Schiffen, und wir Athener wären beispielsweise bereits am Monde vor Anker gegangen. Würden wir immer noch Weiterreisen oder würden wir nicht?

PLANETOPHILOS: Wir würden, o Sokrates.

SOKRATES: Du hast recht, mein bester Planetophilos, wir würden. Aber denke noch ein Stück weiter: Es verstriche abermals eine Zeit, und die Lenker der Staaten entdeckten, daß die Mittel, die sie aufwenden, um am Himmel zu schiffen, ungleich groß seien im Verhältnis zu dem Nutzen, den sie davon hätten. Wären sie besonnene Strategen, ihre Mittel für Neugierigkeit aufzuwenden, statt damit ihre Länder wohU zubestellen und ihre Heere mit tauglichen Waffen auszustatten?

PLANETOPHILOS: Sie wären Toren, täten sie Nutzloses.

SOKRATES: Trefflich geantwortet, wackerer Planetophilos! Kein Mensch vollbrächte etwas, es sei denn, es brächte ihm Gewinn. Und denke nun weiter: Meinst du nicht auch, daß jene unbekannten Wesen unvernünftig denkenden Kindern glichen, wenn sie ungezählte Myriaden von Stadien reisten, einzig ihrer Neugierigkeit zuliebe? Hätten sie nicht gleichfalls längst aufgehört, etwas zu tun, was ihnen keinen Vorteil brächte?

PLANETOPHILOS: Hierin kann ich dir mit nichts widersprechen, o Sokrates

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