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Poesie des Widerstandes

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Der gebürtige Warschauer O ssip Man-delstam (1891-1938) hat mit seinem dichterischen Wort der Tyrannei bis zuletzt widerstanden. Er kämpfte gegen die Mächte der Finsternis und des Vergessens wie ein „lyrischer Partisan". Seine metaphernreiche, symbolträchtige Sprache wirkt in ihrer Lakonik sozusagen überfallsartig, besticht vor allem auch durch Mandel-stams disziplinierte Formgebung.

Ralph Dutli hat Mandelstams dichterisches Werk zwischen 1916 und 1925 einfühlsam übersetzt und bestens kommentiert. Diese Dokumente des verstörten Herzens in einer schlimmen Zeit sind ein bleibendes Vermächtnis der europäischen Lite-

ratur des 20. Jahrhunderts. Die Suche nach Wärme und Liebe steht neben der unverhüllten Anklage: „In der Sowjetnacht werde ich beten / Für das selige sinnlose Wort" heißt es da einmal in einem Vers dieses Unbehau-sten, der schließlich - man möchte fast sagen konsequenterweise - in einem stalinistischen Arbeitslager elend zugrunde gehen mußte.

„Bilder und Mythen der Treue, der Ethik, des Gedächtnisses sind ausgestreut in die Gedichte von „Tristia" schreibt der Herausgeber sehr treffend im Nachwort dieses Bandes. Und wir Nachgeborenen hätten auch diese Bilder aufzubewahren für alle Zeit.

TRISTIA. Gedichte 1916-1925. Von Ossip Mandelstam. Herausgegeben von Ralph Dutli. Ammann Verlag, Zürich 1993. 303 Seiten, öS 421,-.

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