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Polka ist Heimat

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Mitten in der Grazer Altstadt floß im „transkontinentalen Puntigamerzelt" das Bier in Strömen, unzählbare Grillhendln warteten aufs Verzehrtwerden: Endlich gab es eine Veranstaltung im „steirischen herbst", die sich nicht nur an elitäre Avantgardisten wandte, sondern die auch den kulturellen Normalverbraucher ansprach.

„The immigrant song" versuchte den Mutationen europäischer Volksmusik in den Auswanderer-Zentren Amerikas nachzuspüren. Die von Fritz Ostermayer in langwierigen Recherchen aufgefundenen Gruppen und Ensembles präsentierten drei Tage lang Folkmusic und Volksmusik, Tanzunterhaltung und zarte Gesänge aus und in böhmischer, jüdischer, französischer und bayrischer Tradition, zu denen (neben dem Essen und Trinken) getanzt und gesungen werden konnte!

Die „Brave Combo" aus Texas zeigte gleich zu Beginn, wieviel Punk und Polka miteinander zu tun haben, wobei es weniger um musikalische Qualität als um das Hörbarmachen der Freude am Musizieren ging, „Didi's Böftmische Blasmusik" - als europäisches Pendant - schwankte zwischen Operettenklang und Polka-furioso. Die bekannte Innigkeit und Wehmütigkeit seiner jüdischen Folklore-Lieder litt bei Albert Thimanns Auftritt an der ungeschlachten Größe des Zeltes, die Bedächtigkeit seiner Musik vermochte den spärlichen Zuhörern nicht die erwartete Festzeltstimmung zu geben. Dies holte in unvergleichlichem Maße jedoch die „Maxwell Street Klezmer Band" aus Chicago nach, deren vitaler Vortrag jüdischer Musikkultur einfach zum Tanzen mitriß.

Den Höhepunkt stellte aber wohl die französisch kauderwelschende Gruppe „J. C. Labbie et ses amis Cajun" mit Fiedel und Ziehharmonika dar, ein Stück louisianisch-euro-päische Kauzigkeit in Buster-Keaton-Manier, die für den unterhaltsamen Ausklang des „Heimat ist Polka"-Festivals sorgte.

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