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Provokation von vorgestern

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Mit Richards Korkbein ist es so ähnlich wie mit der kahlen Sängerin Ionescos: beide kommen in den nach ihnen benannten Stücken nicht vor, sondern werden nur einmal kurz - als eine Art Assoziation - erwähnt. Was jedoch in Brendan Behans „irischer Unterhaltung”, die eben im Grazer Schauspielhaus zum ersten Mal in Österreich gegeben wurde, ausgiebig vorkommt, ist eine wahre Flut von obszönen Häusel-Witzen, von absurdem Whisky-Nonsens und spätpubertären Reaktionen gegen durch Bigotterie verursachte Erziehungsschäden. Das ist alles so vorgestrig wie die überdeutliche Anlehnung an Brecht und die frühen Absurden. Mit Irland und seinen peinigenden Problemen hat das kaum etwas zu tun. Auch wenn sich auf dem Friedhof, der der Schauplatz der fast zusammenhanglosen Szenen ist, IRA-Männer, Blauhemden, Katholiken und Protestanten zu Alkoholkonsum und Beischlaf treffen. Aus den permanenten Aggressionen des Autors gegen die Engländer und IRA, gegen Amerika, gegen Franco, ja selbst gegen die Linke, etwa eine politische Bedeutung des „Stückes” ableiten zu wollen, wäre abwegig.

Bei „Richards Korkbein” handelt es sich um szenische Fragmente aus dem Nachlaß des vor einigen Jahren verstorbenen, vital-begabten irischen Dramatikers Brendan Behan, die posthum zu der oben erwähnten „irischen Unterhaltung” zusammengestellt worden und vor drei Jahren auch in Deutschland herausgekommen sind. Es ist allerdings zu verstehen, daß ein Regisseur wie Fritz Zecha sich von dieser kunterbunten Mischung aus Kabarett, Poesie, Burleske und Politik angezogen fühlt. Um so mehr als derselbe Fritz Zecha vor fünfzehn Jahren mit seiner Inszenierung von Behans wichtigstem Stück „Die Geisel” großen Erfolg hatte. Damals konnte man den Spießer noch schocken, und überdies ist „Die Geisel” ein hinreißend barockes Stück Theater von keltisch emotionaler Farbigkeit, Lyrik und komischer Kraft - aber eben auch ein gutes Theaterstück. „Richards. Korkbein” dagegen ist ein ungeordneter Zettelkatalog von Sex- und Polit- Bonmots. Das ist weiß Gott nicht sehr viel, auch wenn Harald Neuwirth den zahlreichen Songs einen aparten „irish sound” verleiht und Marianne Mendt eine der Hauptrollen spielt: als Schauspielerin reicht sie jedenfalls nicht an die hervorragenden Grazer Darsteller Erhard Koren, Helfried Edlinger und Marianne Kopatz heran.

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