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Respekt(los)

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Längere Gespräche mit Politikern bieten immer Chance und Gefahr zugleich: sie können einen einmaligen Einblick abseits der Tagespolitik geben, oder schnell in eine weitausholende Selbstdarstellung des Befragten abrutschen. Wer Helmut Kohl aus bundesdeutschen TV-Diskussionen kennt, weiß, wie schwer es selbst langerprobte Interviewer haben, seiner Person und Politik neue Aspekte abzugewinnen. Der Kanzler läßt sich ungern in die einmal offiziell gemischten Karten schauen.

So konnte auch ein sichtlich bemühten Paul Schulmeister ,JDie deutsch-deutsche Chance" (14. 8., FS 1) nicht nutzen. Man plauderte über vieles, doch hinlänglich bekannte Absichten wurden nicht näher hinterfragt. Auch beim eigentlichen Anlaß der Unterhaltung überwog die diplomatische Zurückhaltung. Aus Kanzler-Sicht verständlich, doch bei allen Schulmeister-Fragen schien stets die alleinige Tatsache eines exklusiven ORF-Interviews zu genügen. Was übrig blieb: viel Lob des Urlaubers Kohl für ein schönes Land.

Mit wesentlich weniger Respekt sah sich sein Freund Alois Mock im traditionellen ,J?olitik am Freitag"-Som-merloch-Talk (17. 8., FS 2) gefordert. In bewährter Manier forschte Rudolf Nagiller nach möglichen Schwachstellen: bissig fragend, ohne je verletzend zu werden. Wenn selbst ihm ein Vorwurf als zu direkt erschien, zitierte er Zeitungen und die „unverdächtigen Zeitzeugen". Drohte Mock vom Thema abzuweichen, wurde er sofort diskret und akurat unterbrochen. Die Konturen des ÖVP-Chefs wurden deutlich. CDU-Vorsitzender Kohl wird immer nur dann konkreter, wenn er sich einem streitbaren Politiker gegenübersieht. Oder vielleicht einem (in aller Höflichkeit) bohrenden Nagiller.

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