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Rhapsodische Flüchtigkeiten

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Milan Kunderas siebenteiliges „Buch vom Lachen und Vergessen", bereits Ende der siebziger Jahre erschienen, liegt nun neu übersetzt vor. Der tschechische Kultautor hat damit abermals eine Art „Enzyklopädie der Leidenschaften" unternommen, welche wiederum vertrackt an „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (1984) erinnert.

Kundera, nach Eigendefinition ein Hedonist, der in einer aufs äußerste politisierten Welt gefangen ist, schreibt mit üblicher Ironie und in gewohnt episodenhafter Weise seine Alltagsgeschichten auf, indem er einer Unmenge auftretender Figuren eine mehr oder weniger differenziert gestylte Psychologie aufzwingt, um von der Liebe und ihren verschiedenen „Aggregatzuständen" zu berichten. Dazwischen gibt es stets Einstreu mit historischen Exkursen und sonstigen philosophischen Gedankensplittern vom Tag, die kaum je in die Tiefe gehen: „Der Tod hat eine doppelte Gestalt: Er ist das Nichtsein. Er ist aber auch das entsetzliche materielle Sein des Leichnams." Von solchen Platitüden wird die zahlreicher werdende Kundera-Gemeinde aber sicher absehen. Und wohl auch davon, daß Kundera jegliche Romanform vermissen läßt. Ansonsten wird tatsächlich viel „geliebt", seltener gelacht und allzuviel vergessen. Doch auch dies ist nichts Neues, denn rhapsodische Flüchtigkeiten sind eben dazu da.

DAS BUCH VOM LACHEN UND VERGESSEN. Von Milan Kundera. Aus dem Tschechischen von Susanna Roth. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1992. 306 Seiten, öS 310,40.

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