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Rösselsprünge mit Humor

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Im Droschl-Verlag erscheint seit einem Jahr eine äußerst sympathische Literatur-Reihe, die der Herausgeber Walter Grond ausschließlich und beispielhaft der Essay isitik und ihren vielfältigen Lesarten zwischen phantasievoller Gedankenkunst und zeitgemäßer Erkenntnissprache widmet.

Der elfte Titel lautet: „Sportliche Faulheit. Zur Poetik des romantischen Essays in England" von Elmar Schenkel. Obwohl der siebenteilige Entwurf im akademischen Ambiente des Englischen Seminars im süddeutschen Freiburg im Breisgau entstand, werden doch gezielte Rösselsprünge mit subtilem Humor und ein wenig Melancholie gehandhabt, die diesen essayistischen Text über den altenglischen Essay lebendig gestalten. Im Mittelpunkt steht im eigenen Wortsinn der bewußte körperliche Beweggrund der romantischen Essayisten: Akrobatik bei William Hazlitt, Reisen bei Robert Louis Stevenson, Oblomovscher Müßiggang bei Leigh Hunt und Genesung bei Charles Lamb.

Doch auch neuere englische Essayisten wie der bettlärige Tapetenfeind Gilbert Keith Chesterton oder der Spaziergänger Michael Hamburger werden zitiert und vertiefen wiederum den Einblick ins England der Romantiker. Hier „beginnt der Körper zu sprechen", wie der Nobelpreisträger Octovio Paz bemerkt: „Und die Sprache, die er (der Körper) spricht, ist die Sprache der Träume, der Symbole und der Metaphern, in einer seltsamen Verbindung des Sakralen mit dem Profanen und des Erhabenen mit dem Obszönen. Diese Sprache ist die der Dichtung, nicht die der Vernunft." Auch Schenkel sieht den Essay nicht als Vorwand der Sinnstiftung an, sondern als „Versuch, dem Einzelnen das Verstehen zurückzubringen".

Der Bezug von Sinn auf Sinne ist auf den verlorenen Blick für das Ganze gerichtet, das sich in seiner integralen Vielschichtigkeit unseren rudimentären Sichtweisen entzieht und also unerkennbar geworden ist. Die englische Lesart der romantischen Essayistik entwirft angesichts der quijotesk anmutenden Unvernunft eine reizvolle poetische Erkenntniskunst von Körper, Sprache und Geist.

SPORTLICHE FAULHEIT. Zur Poetik des romantischen Essays in England. Von Elmar Schenkel. Droschl Literaturverlag, Graz 1992. 62 Seiten, öS 100,-.

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