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Rotkehlchen und die Abfangjäger

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Das Abfangjägerlied des Chors der „Rotkehlchen“ beim sogenannten Friedensfest am vergangenen Sonntag in der Wiener Stadthalle, der Hit dieser Szene, ließ keinen Zweifel offen, wer da den Ton angibt.

„Arbeitsplätze und Umweltschutz statt Abfangjäger - Für eine Volksabstimmung...“. Der Aufruf ist maßgeschneidert für das Volksbegehren, das nun vom 4. bis zum 11. November österreichweit zur Unterzeichnung aufliegt.

Und andere stimmen ung'schaut in den Chor ein. Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Jugend und Jungschar Oberösterreichs etwa, die alle Wahlberechtigten aufruft, dieses Volksbegehren zu unterschreiben. Vom „Einstieg in die internationale Aufrüstung“ ist da die Rede, davon, daß „Sicherheit nicht mit dem Ankauf von Waffen wächst“.

Den Text des Volksbegehrens hat sich wahrscheinlich keiner durchgelesen. Ist es Naivität?

Würde heute der Nationalrat im Sinne dieses Volksbegehrens beschließen, daß der Ankauf oder die Produktion von Abfangjägern und Uberwachungsf lugzeugen einer bundesgesetzlichen Ermächtigung bedarf, worüber dann eine Volksabstimmung durchzuführen wäre, auf den Ankauf der 24 Draken hätte das keinerlei Einfluß.

Ein solches Gesetz ist vielleicht für die Zukunft von Belang. Aber der Draken-Kaufvertrag ist seit dem 21. Mai rechtswirksam. Daher ist der Aufruf, mit der Unterschrift unter das Volksbegehren den Ankauf der Abfangjäger doch noch verhindern zu helfen, eine glatte Irreführung. Ist sie vielleicht gar gewollt?

Gewollt ist sicherlich die Verknüpfung des Abfangjäger kauf es mit der Thematik der internationalen Aufrüstung. Eine bösartige Verdrehung der Tatsachen.

Zehn Jahre ist nämlich die vom Nationalrat beschlossene Verteidigungsdoktrin alt, mit der im Zusammenhang alle Volksvertreter gemeinsam die Regierung aufgefordert haben, für „die erforderlichen Fliegerverbände sowie Einrichtungen für eine Luftraumüberwachung“ Sorge zu tragen. Das ist ein unmißverständlicher Auftrag, dem die Regierung - spät, aber doch - nachgekommen ist.

So sehr man an der richtigen Typenwahl zweifeln kann, so wenig fragwürdig ist die Grundsatzentscheidung: wenn man das Bekenntnis zur immerwährenden Neutralität Österreichs - gerade dreißig Jahre alt - ernst nimmt. Politische Neutralitätspflichten stehen gleichrangig neben militärischen und wirtschaftlichen. Die einen sehen, für die anderen blind sein: Das ergibt ein Zerrbild dessen, wozu sich dieses Land feierlich verpflichtet hat.

Vordergründig geht es beim Volksbegehren um die Abfangjäger, letztlich aber um die Glaubwürdigkeit unseres Selbstbehauptungswillens.

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