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Schatten hinter den Bildern

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Die Brutalität im täglichen Leben, das Sichdurchsetzen gegenüber allem und jedem sowie der Verlust kulturtragender Rituale als Hemmschwellen befördern das Menschentum in eine Seinsvergessenheit.

Das Abbild von der Aggression mag noch so aufklärerisch und dokumentarisch gemeint sein, es ist in Wirklichkeit das perfekte Instrument der psychologischen Kriegsführung, die solcher Anklage bedarf, um den

Feind hinreichend anschwärzen und vernichten zu können.

Das Medium des Films spielt hier eine affirmative Rolle. Dies wußte schon der rabiate italienische Dichter Gabriele d'Annunzio, als er anno 1918 seinen fliegerischen Raid nach Wien mitfilmen ließ. Und die somalischen Aufständischen wissen um die zweite Front der Bilder ebenso Bescheid, wenn sie jetzt die amerikanische Öffentlichkeit mit den durch die Gosse geschleiften toten US-Piloten demütigen. Angesichts des auf Seite 11 Festgestellten mag solches

als ziemlich zweifelhafter Zivilisationsprozeß gelten, denn das Abbildungstabu hätte wohl für uns alle sein Gutes gehabt. Zu ahnen, was alles noch auf uns zukommt, dazu benötigt man keine zeitgeistigen Philosopheme der Virilios oder Baudrillards. Der Krieg der Schatten taucht demnächst in das 21. Jahrhundert ein, und dessen Objektive werden auf noch sehr viel Schlimmeres gerichtet sein. Es ist eben kein Trost, daß moderne Bildtechnik und ihre Betreiber mehr zu verhüllen haben, als sie wahrhaben möchten.

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