6920969-1981_44_12.jpg
Digital In Arbeit

Schimpfkanonaden

Werbung
Werbung
Werbung

Kann ein Autor und sein Werk voneinander getrennt werden? Noch dazu, wenn er der Protagonist einer Philosophie ist, die zur Aktion aufruft? Ein höchst dubioses Unterfangen, fürwahr!

Im Falle von Marx und Engels wundert man sich, ob ihr „Werk“ — die politischen und wirtschaftlichen Systeme in Osteuropa, Ost- und Südostasien sowie in anderen Teilen der Dritten Welt - nicht in ihrer autoritären Einstellung gegenüber der Philosophie und ihren Zeitgenossen wurzelt.

Hans Magnus Enzensberger, Herausgeber eines Bammelbandes von Briefen, Polemiken, Reportagen, Interviews, Spitzelberichten, Polizeiverhören und Gerichtsprotokollen die beiden Urväter des Kommunismus betreffend, führt an, daß das Ergebnis der Zwiegespräche zwischen Marx und Engels in „fast allen Fällen eine sofortige Polarisierung“ war, „die keine Neutralität zuließ“.

Fraglich ist allerdings Enzenbergers Schlußfolgerung, daß dies deshalb war, weil „diese beiden Männer in keinen Kanon“ paßten. Viel eher war diese Polarisierung das Resultat eines gegenseitigen Verlangens nach totaler Unterwerfung.

Das Buch schließt mit einem „Injurien und Elogenregister“, in dem Marx und Engels Kommentare „über die Gewährsleute“ gesammelt sind. Die Injurien übertreffen die Elogen bei weitem und von den 83 Vermerken sind nur eine kleine Handvoll schmeichelhaft. Was die unstillbare Leidenschaft für gehässige Beschimpfungen anlangt, sind die heutigen Kommunisten jedenfalls würdige Erben ihrer geistigen Väter. Insofern ist dieses Buch ein notwendiger Begleiter beim Studium des Marxismus.

GESPRÄCHE MIT MARX UND ENGELS. Herausgegeben von Hans Magnus Enzensberger. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt a. M. 1981. 764 Seiten. TB., OS 121.60.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung