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Digital In Arbeit

Selbstorganisiert

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(Bregenzer Remise; bis 30. September) Ja, es gibt sie, auch wenn sie nie ostösterreichische Dimensionen erreicht hat: die Vorarlberger Arbeiterbewegung, nun unter dem Titel „Im Prinzip: Hoffnung" in Bregenz dokumentiert. Das Ländle war eine der ersten industrialisierten Gegenden der Monarchie, erst der zweite Industrialisierungsschub um 1870 brachte freilich Arbeitsplätze und Gastarbeiterzuzug. Die zugewanderten „frönda Beattla" (fremden Bettler, meistens aus dem Val Sugana bei Trient) bekamen einen Hungerlohn, einhei-

mische Arbeiter wanderten vielfach westwärts aus.

Arbeit gab es vor allem beim Bau der Arlberg- und der Rheintalbahn und der ersten Staudämme. Die Impulse zur Selbstorganisation gingen von wandernden Handwerkern aus, vor allem von Böhmen (J. Coufal, C. Markart). Schwierigkeiten hatte die seit Hainfeld geeinten Sozialdemokraten mit der einheimischen Textilarbeiterschaft, die eine Domäne der Christlichsozialen unter dem Priester Karl Drexel wurde. Noch heute sind die Stik-kereien in Vorarlberg großteils Familienbetriebe mit nur einer Maschine. Die größte Organisationsdichte wiesen die Arbeiter hier in den Jahren 1907/1908 auf, als die neuen Gewerkschaften den 10-Stunden-Tag durchsetzten.

In der Ersten Republik betrug der Wähleranteil der Sozialdemokratie konstant etwa 20 Prozent. Ihre kulturellen Nebenorganisationen wie Sänger- und Turnervereine, Naturfreunde, Kinderfreunde boten besonders den „Zugereisten" aus dem Osten neue Heimat. Zwischen 1922 und 1932 verloren die Gewerkschaften drei Viertel ihrer Mitglieder; die Winterarbeitslosigkeit stieg von 1000 (1922) auf 9000 (1932).

1932 ging ein Drittel der sozialdemokratischen Stammwähler zur NSDAP oder zu den Kommunisten über. Einen einzigen Akademiker zählten Vorarlbergs „Rote" einstmals in ihren Reihen, inzwischen sind es entschieden mehr.

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