Seit im Osten der Bazillus des Separatismus grassiert und jedes kleinste Land seine eigene Suppe kochen will, seither macht auch der Onkel Ferdinand einen etwas unruhigen Eindruck. So war er früher gar nicht, so mürrisch, so widerspenstig, ja so aufmüpfig. Und seine bessere Hälfte, die Tante Frieda, fragt sich immer wieder: Was ist denn los mit dem Ferdinand?
Onkel Ferdinand ist infiziert, und zwar vom Separatismusbazillus. Ja, es hat ihn erwischt und gar nicht so wenig.
Und wie wir aus der Geschichte wissen, ist so etwas nicht ungefährlich. Alles will er seit neuesten separat haben, wie sich der Onkel Ferdinand ausdrückt. Die Zeitung zum Beispiel, die er früher so solidarisch mit seiner holden Angetrauten geteilt hat, die will er jetzt ganz für sich allein haben, separat also. Das Bier, das er früher auch brüderlich geteilt hat, jetzt will er's separat.
Die Zahnpaste, die früher eine Familienzahnpaste war, auch sie will er nun für sich allein. So geht das
weiter: Kein gemeinsames Fernsehprogramm, sondern jeder seines separat, keine gemeinsame Zahnbürste, sondern jeder seine separat, kein gemeinsames Bett, sondern jeder seines separat.
Tante Frieda ist schon ganz verzweifelt, sie versteht die Welt nicht mehr. Was ist nur in ihren Ferdinand gefahren? Alles will er separat. Seit kurzem will ernicht einmal mehr seine dritten Zähne im selben Glas verdenken, nein er will separat eines. Und natürlich hat Ferdinand auch das gemeinsame Konto aufgelöst und für sich ein separates eröffnet.
Ja, sein Separatismus geht so weit, daß er den Sonntagsspaziergang separat macht, abseits aller Familien-mitgleider.
Onkel Ferdinand ist krank und keine Heilung ist in Sicht. Seit kurzem will er sogar eine separate Toilette, sagt er, und zeichnet schon an Um-bauplänen. Gott sie Dank denkt er noch nicht an ein separates Haus.
Aber ob er eine separate Freundin hat, das weiß Tante Frieda nicht. Möglich wär's, in letzter Zeit wäscht er sich mitten unter der Woche separat. Das ist verdächtig, so etwas hat es früher nie gegeben.
