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Sex mit Politik

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Die europäische Erstaufführung des im wahrsten Sinne des Wortes „unverhüllten Sittenbildes“ des australischen Literatur-Nobelpreisträgers Patrick White „Big Toys“ (Große Spielzeuge) in Vienna's English Theatre zeigt die korrumpierende Verfilzung und Verquickung freizügigen Geschlechtslebens mit politischem Managertum und kommerziellem Machtstreben. In den Händen einer verantwortungslosen, aber tonangebenden Schickeria werden Menschen dabei ebenso zu großem Spielzeug wie glänzender Schmuck oder rasante Autos, mit denen die Mitwelt unter fast kriminellen Aspekten zur Erreichung bestimmter Ziele bestochen wird.

Dieser vielschichtigen Problematik des Autors dient Peter Wyngarde als Regisseur und Darsteller mit einer bis zur Nudität gesteigerten, exhibitionistischen Offenheit. Zu versnobt-lässi-ger Eleganz spielt er den mondänen Rechtsanwalt und Gesellschaftslö-wen, der auch nicht davor zurückschreckt, seine sich ohnehin sehr emanzipiert gebärdende Gattin Mag dem für seine Prozeßführung wichtigen Zeugen, dem biederen Gewerkschafter Terry, als „Spielzeug“ und Belohnung für gewisse Aussagen ins Bett zu legen. Mit der puppenhaften Kühle und Geschmeidigkeit eines Mannequins stellt Helen Gill in dieser Inszenierung ihren makellosen Körper ebenso zur Schau wie ihre über weite Strecken auf oberflächlich-banal getrimmten Worte, die sich zum Ende melodramatisch steigern. Ausgezeichnet in Typ, Sprache und Spiel Keith Buckley in der Rolle des von keiner Dekadenz berührten Gewerkschafters Terry, der zwar eine Weile an den gebotenen „Genüssen“ mitnascht, dann aber den beiden ihre „Spielzeuge“ mit klassenkämpferischen Parolen vor die Füße wirft und sie in ihrem gegenseitigen Haß und ihrer luxuriösen Leere zurückläßt.

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