Wien ist In eine neue, dynamische Entwicklungsphase getreten: Das Stadtbild wird in naher Zukunft weitreichende Veränderungen erfahren. In diesem Augenblick erscheint ein grundlegendes Werk der Stadtkunde: Adalbert Klaar, Pionier der Siedlungsformenlehre, legt erstmals in monographischer Form eine siedlungstechnische Analyse Wiens vor, wie es sie in ähnlicher Art für kaum eine andere Großstadt gibt. Adalbert Klaar beantwortet die Frage nach dem Zustand der Stadt in der „dunklen Zeit“, in den sieben Jahrhunderten vom Beginn der Völkerwanderung bis zum Ende der Ungarnherrschaft, über die uns keinerlei Urkunden vorliegen. Er analysiert mit ungewöhnlicher Einfühlung den Stadtplan von Wien und verdeutlicht an Hand der unterschiedlichen Siedlungsformen das langsame Wachstum der Stadt im Mittelalter. Seine Untersuchungen umfassen die Altstadt und die ehemaligen Vorstädte und Vororte, die im Lauf des 19. Jahrhunderts mit der Altstadt zu einem amorphen Gebilde, der Großstadt Wien, verschmolzen sind. Das Ergebnis dieser Untersuchungen dürfte selbst für Kenner der Topögraphie Wiens viel Neues enthalten. Klaar macht die alten „Siedlungsleitlinien“ sichtbar — den mittelalterlichen Wehrgürtel am Donauufer und am Wienerwald, die Fernstraßen und die Talfurchen der Wienerwaldbäche —, um dann aus dem Großstadtraster die zahlreichen alten Ortskerne herauszuschälen. In dieser Betrachtung gewinnen selbst unscheinbare Straßenzüge und heute abseits liegende Plätze ihre ursprüngliche Bedeutung zurück. Zahlreiche Planzeichnungen des Autors illustrieren dieses wissenschaftlich hochinteressante Buch, das eine faszinierende „Röntgenaufnahme“ Wiens vermittelt und auch die bevorstehenden Entscheidungen der Stadtplanung in mancher Hinsicht beeinflussen könnte.
Mit diesem neuen Band der „Wiener Geschichtsbücher“ hat der Zsolnay-Verlag ein neues, kleines Meisterwerk auf den Markt gebracht, das alle Freunde der Geschichte Wiens entzücken wird.
DIE SIEDLUNGSFORMEN WIENS. Von Adalbert Klaar. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien. 132 Seiten Text, 14 Abbildungen. S 130.—.
