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Sittlichkeit im 19. Jahrhundert

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Pate zu diesem sehr sorgfältig erarbeiteten Buch steht Sigmund Freud. Gay benützt seine durch überaus umfangreiches Quellenmaterial unterstützte Argumentation als Uberbau der Psychoanalyse. Aus einer umfassenden Untersuchung über die Differenziertheit des Bürgertums im 19. Jahrhundert und die daraus resultierenden sozialen Konsequenzen versucht er die divergierenden Einstellungen zur Sexualität darzulegen. Briefe, Tagebucheintragungen (die gerne im Hinblick auf Mitleser geschrieben wurden) und private Notizen überraschen in oft sinnlicher Offenheit und stehen in ihrer sexuellen Liberalität in Widerspruch zu dem Bild viktoria-nischer Prüderie.

Der Autor beleuchtet alle Teilbereiche sozialen Lebens, ausgehend von der Stellung der Frau in der Gesellschaft, ihrer darin verankerten geistigen und körperlichen Akzeptanz, die Risiken des Gebärens und die daraus resultierende Auseinandersetzung mit der Geburtenkontrolle, Emanzipationsbestrebungen, Angst der Männer vor Entmachtung, Erziehung zu Tabus, schließlich die Umkreisung der Erotik in der bildenden Kunst und deren feingezogene Grenzen der Rezeption.

Nicht nur die durch wissenschaftliche Arbeit gewonnenen Erkenntnisse, auch der schwungvolle Stil sichern dem Werk ein breites Publikum.

ERZIEHUNG DER SINNE. Von Peter Gay. Verlag C. H. Beck, München 1986. 572 Seiten, Ln., öS 452,40.

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