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So nicht - aber anders sicher

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„So nicht - aber irgendwie sicher": So etwa könnte die Parole für die europäische Integration nach dem jüngsten Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Birmingham lauten. Denn ungeachtet des wiederholten Bekenntnisses zu den Verträgen von Maastricht vom Dezember 1991 bedeutet die zweite Parole von Birmingham („Mehr Bürgernähe") ja doch nichts anderes als ein Umdenken und im Gefolge davon auch ein Umplanen in Brüssel.

„Maastricht" steht für die Einführung einer gemeinsamen Europa-Währung zwischen 1997 und 1999, die Grundlegung einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einer teilweise gemeinsamen Innen- und Justizpolitik, für ein gestärktes Europa-Parlament und eine Europäische Staatsbürgerschaft.

Das alles wird, so darf man annehmen (und hoffen), eines Tages Wirklichkeit sein. Aber der Tag wird nicht der 1. Jänner 2000 sein. Das darf man mit einiger Sicherheit erwarten. Den Völkern Europas geht manches einfach zu schnell oder zu weit. Die Deutschen möchten nicht morgen schon auf die D-Mark verzichten müssen, den Briten liegt eine völlig unabhängige europäische Notenbank im Magen, den Mittelstaaten die beabsichtigte Entmachtung der EG-Kommission (denn ein stärkeres EG-Parlament mindert den Einfluß der Kleinen), und einen Verlust der eigenen Identität wollen richtigerweise alle nicht.

Das Innehalten und Umdenken tut gut. Daß in der Erklärung von Birmingham auch der Satz „Zentralismus ist nicht der richtige Weg zu einer größeren Einheit" steht, weckt Hoffnung. Das Zauberwort heißt nun endgültig „Subsidiarität". Was das für die künftige Kompetenzverteilung konkret bedeuten wird, soll erst beim Dezember-Gipfel in Edinburgh entschieden werden. Aber der Rückgriff auf einen Zentralbegriff der katholischen Soziallehre ist auch als Absichtserklärung, die noch mit Leben erfüllt werden muß, schon ein Fortschritt.

Die Österreicher aber dürfen sich darüber freuen, daß die Idee für einen freiwilligen, subsidiären Zusammenschluß der Völker Europas in diesem Jahrhundert von einem der ihren politisch formuliert worden ist. Mit Recht gedachte man dieser Tage festlich des 70-Jahre-Jubiläums der Paneuropa-Bewegung, deren geistiger Vater Richard Coudenhove-Kalergi war: Sohn eines österreichischen Diplomaten, in Tokio geboren, in Wien ausgebildet, in der Tschechoslowakei, Frankreich, USA und Schweiz zum Weltbürger gereift.

Sein Erbe als Präsident der Paneuropa-Bewegung vertritt heute Otto Habsburg. Beim Jubel-Festakt trat ihm Bundespräsident Klestil mit Grund zur Seite. Die Idee eines in Freiheit vereinten Europa vom Atlantik bis zunächst wenigstens Danzig und den östlichen Karpaten ist auch eine Sache der Republik Österreich.

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