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Spott statt Kalkulation

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Die Neuregelung der Preise für die Mineralölprodukte ist kaum von sachlichen Überlegungen, sehr deutlich hingegen von den kommenden Arbeiterkammerwahlen gekennzeichnet. Die Art, wie die „Regelung“ zustande kam, bestätigt erstmals die Befürchtungen, daß das Wahlergebnis vom 6. Mai in selbstherrlichen Aktionen der Regierung seinen Niederschlag finden wird.

Während Handelsminister Staribacher und Benya-Bera-ter Schmidt mit den Vertretern der ölgesellschaften noch zum Schein über die neuen Preise verhandelten, setzte die „Wiener Zeitung“ bereits die Kundmachung der Preise, die sich Staribacher, Schmidt &

Co. ohne Beisein der Repräsentanten der Mineralölwirtschaft geraume Zeit vorher ausgeschnapst hatten.

Leitmotiv waren dabei weder energiepolitische und betriebswirtschaftliche Überlegungen, sondern das Motto: „Diese Runde zahlt die Wirtschaft“. Die alleinige Freigabe des Dieselpreises bei gleichzeitig willkürlicher Festsetzung der anderen Preise muß zwangsläufig den Preis für den vorrangig von der Wirtschaft benötigten Dieselkraftstoff hochtreiben. Die ölgesellschaften werden sich über dieses Ventil das holen, was man ihnen bei den anderen Produkten - z. B. Ofenöl - nicht zubilligt, obwohl es den Marktverhältnissen entsprechen würde.

Wer den Schaden hat, hat meistens auch noch den Spott Auf die begreifliche Verbitterung der Wirtschaftsvertreter reagierte diesmal selbst der sonst so betont kompromißbereite Minister Staribacher ätzend: „Die Wirtschaft will doch immer freie Preise, hier hat sie ihren freien Preis.“

Staribacher & Co sahen, im Gegensatz zur Vergangenheit, diesmal auch keinen Anlaß mehr, wenigstens zu kaschieren, was hier vorging. In aller Öffentlichkeit bestätigten sie die Richtigkeit der Kalkulationen der Mineralölwirtschaft, um im selben Atemzug ohne Rücksicht darauf „volkswirtschaftlich gerechtfertigte“ Preise festzusetzen.

„Volkswirtschaftlich gerechtfertigt“ ist demnach offenbar, daß die Stützung des Ofenöls quer über alle soziale Schichten darübergegossen wird; daß sich ein Villenbesitzer seinen Swimming-pool zum Sozialtarif heizen darf, der Pendler, der sein Fahrzeug taglich als Existenzgrundlage braucht, für Diesel aber einen Luxuspreis zu zahlen hat.

Ich bin trotzdem der Meinung, daß die ölmultis auf dem längeren Ast sitzen und die Regierung noch gehörig in den Schwitzkasten nehmen werden. Denn mehr als alles andere fürchtet die Regierung trockene Tankstellen. Und ob es dazu kommt oder nicht, haben noch immer Shell, Mobil & Co. und nicht die Preisstrategen des Happy Pepi in der Hand.

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