7069252-1992_16_16.jpg
Digital In Arbeit

Stalingrad

Werbung
Werbung
Werbung

Sechs russische und vier deutsche Autoren haben eine aufregende Dokumentation, mit zahlreichen Fotos, über eines der finstersten Kapitel unserer Zeitgeschichte gemacht. Zwar war bereits bekannt, daß die Belagerung Leningrads außergewöhnlich hohe Opfer erforderte, aber mit derartiger Eindringlichkeit hat noch kein deutschsprachiges Buch so detailliert die systematische Aushungerung der Millionenstadt behandelt.

Die Auswahl der Quellen ist zwar gut, jedoch unsymmetrisch. Während der Leser eindringliche und haarsträubende russische Tagebücher und Erinnerungen sieht, fehlt das Äquivalent auf deutscher Seite. So hätte man das Tagebuch eines deutschen Offiziers veröffentlichen sollen, der auf der anderen Seite, das heißt als Belagerer, aber auch als Mensch, die Dinge mit anderen Augen sah. Statt dessen haben die Lektoren, die das Buch zusammenstellten, es vorgezogen, die offiziellen Kriegstagebücher der Heeresgruppe Nord und der 18. Armee zu zitieren, die allerdings eine eindeutiggrausame Sprache sprechen. Hitler wollte die Stadt aushungern, oder sogar durch Giftgas vernichten, ohne jegliche Rücksicht auf die Anzahl der Opfer. Eine Million Leningrader Bürger, vielleicht sogar mehr, starben während der dreijährigen Belagerung, die meisten vor Hunger, Kälte und durch Artilleriebeschuß. Erst Ende Januar 1944, nach einer Zernierung von 900 Tagen, erfolgte die Befreiung von der verheerenden Blockade.

Die persönlichen Aufzeichungen sind eindringlich-prägnant, die ergänzenden Kommentare der deutschen Historiker der Nachkriegsgeneration rücken das Bild zurecht. Von den Kommentaren beeindruckt besonders der Beitrag von Peter Jahn.

BLOCKADE LENINGRAD 1941-1944. Dokumente und Essays von Russen und Deutschen. Rowohlt (Taschenbuch)Verlag, Reinbek bei Hamburg 1992.255 Seiten, öS 232,40.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung