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Sterbe-Biografie

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Der namhafte Schriftsteller Dieter Wellershoff hat essayistische Biogra-fien geschrieben (zum Beispiel über Gottfried Benn, Albert Camus, Samuel Beckett und sich selbst), daneben literaturkritische Aufsätze, Romane und: „Der Sieger nimmt alles" (1983) meint den eigenen Bruder. Der ist am 11. Mai 1989 an Leukämie gestorben, und das Elend solchen Siechtums liegt nun als „Blick auf einen fernen Berg" vor; aber schon der Titel deutet an, daß es auch um die schmerzvolle Hinsicht des Nahverwandten auf die aussichtslose Chancenarmut des anderen geht: Der Schreibende offenbart sein Mitgefühl, versucht das Gefühlsleben des Ablebenden zu definieren, dieses tollkühnen Spekulanten, der einst vor dem Ruin nach Wien geflüchtet war, sich hier kommerziell erholte und schon wieder verspekuliert hat.

Er wollte schwindelhaft hoch hinaus, steckt in Schulden, Arbeitsunfähigkeit macht den Diplomkaufmann zahlungsunfähig. Die vielen klinischen Einzelheiten kennt man, denn der leidige Krebstod ist wiederholt (zumal durch Selbstbeobachtung) analysiert worden, und zwar eindrucksvoller.

Das Buch rekapituliert gewiegt alle Panik vor dem unaufhaltsamen Ende; aber eine literarisch neue Sicht kommt nicht zu Wort.

BLICK AUF EINEN FERNEN BERG. Von Dieter Wellershoff. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1991. 208 Seiten, öS 265,20.

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